Zum Inhalt springen
Der Guide für ein smartes Leben.
Aufnahme abgelehnt: Wo enden die Kundenrechte

Friede, Freude Eierkuchen?

Autoren: Redaktion pcmagazin und Günter Pichl • 21.7.2009 • ca. 2:50 Min

Friede, Freude Eierkuchen? Selbiges gilt für PC-Lösungen. Alle bisherigen DVB-Karten mit CI-Modul trifft das gleiche Schicksal wie die CI-Settop-Boxen. Zudem darf bezweifelt werden, ob PC-Empfänger überhaupt jemals für CI+ zertifiziert werden können. Grund für die eher trüben Zukunftsaussi...

Friede, Freude Eierkuchen?

Selbiges gilt für PC-Lösungen. Alle bisherigen DVB-Karten mit CI-Modul trifft das gleiche Schicksal wie die CI-Settop-Boxen. Zudem darf bezweifelt werden, ob PC-Empfänger überhaupt jemals für CI+ zertifiziert werden können. Grund für die eher trüben Zukunftsaussichten ist ein in CI+ vorgesehener Mechanismus, der es erlaubt, ein Zertifikat im Nachhinein zu widerrufen - falls die Hardware geknackt wurde.

Diese bereits beim Blu-ray-Kopierschutz "AACS" angewandte Rückversicherung gegen allzu hackerfreundliche Hardware wird bei CI+ via Fernsehsignal aktiviert und führt bei "kompromittierten" - also gehackten - Empfängern dazu, dass das eingesteckte CAM augenblicklich die Arbeit einstellt.

Der CI+-Bannstrahl trifft natürlich nicht nur geknackte, sondern alle potenziell knackbaren Receiver. Das Problem für potenzielle Hersteller ist damit klar: Erst steckt man viel Geld in die Entwicklung und Zertifizierung einer CI+-fähigen TV-Karte, die dann umgehend gesperrt wird, sobald es irgend einem Hacker gelingt, die Schutzmechanismen zu knacken.

Einzig bei TechnoTrend sieht man die Möglichkeit, die schon lange angekündigte Full-Featured-Karte mit eigenem Decoder so zu modifizieren, dass sie dank eigenem Videoausgang unabhängig vom übrigen Rechnersystem einen sicheren Datenpfad für CI+ anbieten kann.

Für HTPC (Home Theater PCs) dürfte das trotzdem keine praktikable Lösung darstellen, da der Anwender dann den Anschluss ständig zwischen TV- und Grafikkarte wechseln müsste. Von vornherein chancenlos, die CI+-Vorgaben zu erfüllen, dürften HTPCs auf Linux-Basis sein. Nicht besser dürfte es Settop-Boxen wie der Dreambox ergehen, die ebenfalls auf Linux basieren.

Zwergensterben

Die von Sony, SmarDTV, Samsung, Philips, Panasonic and Neotion gegründete CI Plus LLP ist nicht gerade zimperlich was die anfallenden Lizenzgebühren angeht. In der Branche munkelt man von 10 000 Dollar für das zur Entwicklung benötigte Testkit und 3000 bis 6000 Dollar pro Zertifizierung. Hinzu kommen jährliche Kosten für die Mitgliedschaft im Forum sowie aller Voraussicht nach für jedes Firmware-Update.

Für die Panasonics, Samsungs und Sonys dieser Welt sind das kleine Fische. Für reine "Kistenschieber" die ihr Logo auf südostasiatische Massenware anbringen oder aber kleine und mittelständische Unternehmen mit eigener Entwicklung wie Dream Multimedia oder MASCOM (Alphacrypt) bedeutet dies einen gehörigen Batzen an zusätzlicher Investition.

Nutzen eingeschränkt

TV-Verschlüsselnungsschnittstelle
Aufgrund der Vorgaben ist kaum anzunehmen, dass es CI+-Lösungen für den PC geben wird.
© Archiv

Der Hauptleidtragende bei der Geschichte ist der Fernsehkonsument. Konnte er durch geschickte Wahl von Settop-Box und CAM bislang frei über die empfangenen Programme verfügen, kann ihm der Programmanbieter nun eine Reihe von Einschränkungen aufzwingen. So kann der Anbieter Aufnahmen ganz verbieten oder zeitlich - z.B. auf 30 Tage - begrenzen. Auch das beliebte Time-Shift-Recording, sprich zeitversetztes Betrachten einer Videoaufnahme, kann der Anbieter beschränken.

Er könnte z.B. 5 Minuten für eine Pinkelpause erlauben, während 30 Minuten, die ausreichen, um in einem Spielfilm die Werbung en bloc zu überspringen, nicht gestattet werden. Denkbar wäre sogar, das schnelle Vorspielen von Werbung zu unterbinden. Alles Dinge, die bei den Käufern von Werbezeit Begehrlichkeiten, beim mündigen Zuschauer aber eher Unmut hervorrufen.

Stand der Dinge

Auch wenn erste TV-Geräte mit CI+-Schnittstelle bereits angekündigt sind, ist der Standard noch nicht endgültig verabschiedet. Nach den Angaben von Insidern gibt es noch eine Reihe von Baustellen.

Vor allem in Hinblick auf Jugendschutz und PVR (Private Video Recorder) gibt es wohl die eine oder andere Designschwäche, die sich aus der Notwendigkeit ergibt, auch aufgenommene Videoströme nochmals durch das CAM zu leiten. Für die Programmanbieter Kabel Deutschland und Kabel Baden-Württemberg scheint die Sache indes schon klar zu sein. Hier fährt der Zug wohl eindeutig in Richtung CI+, während sich Premiere noch zurückhält.

Fazit

So sehr eine einheitliche Schnittstelle für Pay-TV-Verschlüsselungssysteme zu wünschen wäre, so sehr darf man bezweifeln, ob CI+ der Weisheit letzter Schluss ist. Abgesehen von technischen Unzulänglichkeiten ist das System ein weiterer Schritt, die Rechte des Zuschauers einzuschränken. Und Freunde von Home-Theater-PCs werden sich wohl damit abfinden müssen, dass sie keine Programme, die CI+ erfordern, empfangen können. Ob Europas Politiker doch noch entschärfend eingreifen, ist indes fraglich.