eBay verärgert Kunden
Der Platzhirsch sorgt mit neuen Vorschriften für Unmut - kleinere Konkurrenten wittern Morgenluft.

- eBay verärgert Kunden
- Plus von 57 Prozent
- eBay-Alternativen
"Diktatur!", "Unrecht!", "Boykott!" Im Web kocht die Wut, eBay-Händler proben den Aufstand. Grund: eBay hat die Regeln geändert. So dürfen Verkäufer ihre Kunden nicht mehr mit negativen oder neutralen Bewertungen abwatschen und die Versandkosten in 34 Produktgruppen wie USB-Speichersticks, MP3-Player oder DVDs werden künftig auf 5 bis 8 Euro begrenzt.
Bei besonders heiklen Auktionen gilt: PayPal als zusätzliche Bezahlmethode ist Pflicht beispielsweise bei Angeboten mit nur einem Tag Laufzeit in sechs speziellen Kategorien wie Foto & Camcorder, Handy & Organizer oder PC- & Videospiele. Die Verkaufsprovisionen sind gestiegen, das Einstellen von Produkten dagegen wurde billiger - für Privatleute beispielsweise entfallen seit Februar bei den beliebten Auktionen mit einem Euro Startpreis die bisherigen Kosten für Angebot und Galeriebild ganz. Die Offerten in diesem Segment haben sich seitdem verdoppelt.
Die Schlechten ins Kröpfchen...
Wer seine Kunden mit schlechtem Service oder minderwertiger Ware vergrätzt, wandert in den Suchergebnissen nach unten und muss ebenfalls PayPal als Zahlungsoption anbieten, vorbildliche Lieferanten landen dagegen auf vorderen Plätzen. Und erstmals in der Unternehmensgeschichte erhalten die besten Anbieter bei den Verkaufsprovisionen Nachlässe bis 36 Prozent. Dafür wird das Prozentpunktesystem gründlich entrümpelt: Statt aller jemals erhaltenen zählen für die Berechung der positiven Bewertungen zum Beispiel nur noch die Einschätzungen der letzten zwölf Monate, und dabei werden nun auch neutrale Bewertungen berücksichtigt. Dadurch kann der Prozentsatz positiver Bewertungen für Mitglieder mit vielen neutralen Einschätzungen sinken.
"Neutral ist das neue Negativ", schimpfen Händler in den einschlägigen Webforen, berichten von "Erpressungsversuchen" seitens ihrer Kunden. Etliche eBay-Verkäufer fürchten den Verlust ihres Powerseller-Status und in Zukunft einen generellen PayPal-Zwang, wie er für Australien angekündigt wurde: Dort regiert PayPal mit wenigen Ausnahmen als einzige Zahlungsmöglichkeit. Pikant daran: Auch PayPal gehört zu eBay und kassiert kräftig von Geldempfängern, innerhalb Deutschlands zum Beispiel werden bei einem Monatsumsatz bis 1000 Euro je Transaktion 1,9 Prozent des Zahlungsbetrages plus 0,35 Euro fällig. Inzwischen hat eBay auch seinen Käuferschutz an sein hauseigenes Transaktionssystem gekoppelt, nur wer über PayPal bezahlt, kommt in den Genuss der Absicherung: Bis zu 1000 Euro erstattet das Unternehmen, wenn die Ware nicht losgeschickt wird oder eindeutig von der Artikelbeschreibung abweicht.
... die Guten ins Töpfchen
Bei eBay Deutschland versteht man die ganze Aufregung nicht: Hier sieht man sich in der Rolle des Verkäufer-Erziehers. "Unser Ziel ist, schlechte Kauferfahrungen zu minimieren. Dazu gehören Dinge wie Rachebewertungen, zu hohe Versandkosten oder schlechter Verkäuferservice.
Davon profitiert der gesamte Marktplatz", erklärt Maike Fuest, Sprecherin von eBay Deutschland (siehe Interview auf Seite 2). "Und wir möchten, dass sich auf der Plattform die aktuelle Leistung eines Verkäufers besser widerspiegelt. Es ist aussagekräftiger, wenn der Käufer weiß, was der Verkäufer in letzten zwölf Monaten geleistet hat." Für den Händler habe dies auch Vorteile: Eine negative Bewertung sei er nach einer bestimmten Zeit los. Außerdem ist die Funktion Käuferkreis einschränken erweitert worden: Verkäufer könnten nun Mitglieder vorsorglich von Auktionen ausschließen, die wegen zu vieler Verstöße gegen eBay-Grundsätze gemeldet wurden oder mehrfach Artikel nicht bezahlt haben.

"Ich rechne damit, dass sich durch diese und andere Maßnahmen die von eBay angegebene Zahl der PowerSeller in Deutschland von 12.000 auf deutlich unter 10.000 verringern wird", schreibt eBay-Beobachter Axel Gronen Anfang Juni auf Wortfilter.de, "ich vermute darin eine gezielte Strategie eBays: Während die Zahl privater Verkäufer erhöht werden soll, möchte man die Zahl gewerblicher Verkäufer verringern. Das soll natürlich nicht zu Lasten der Umsätze gehen, stattdessen sollen die verbliebenen PowerSeller im Durchschnitt größer und professioneller werden." Er halte das auch im Interesse des gesamten Marktplatzes für Erfolg versprechend: "Die verbleibenden PowerSeller arbeiten gezwungenermaßen sehr kundenorientiert und insgesamt sind die Erfahrungen der Käufer seit Beginn der Reformen deutlich besser geworden", so Gronen. Auf das Abwandern enttäuschter, "erziehungsresistenter" eBayer spekuliert die Konkurrenz des Platzhirschs: "eBay-User erzürnt über neue Provisionsstruktur. Privater E-Commerce verlagert sich auf andere Portale", jubelten zum Beispiel die Betreiber des Kleinanzeigenmarktplatzes Quoka.de in einer Pressemitteilung.
Erfahren Sie auf Seite 2 mehr über eBays Konkurrenzunternehmen und lesen Sie ein Interview mit der Pressesprecherin von eBay Deutschland...