Das hat sich für Webmaster juristisch geändert
2010 hat sich im Sektor des Online-Rechts einiges getan: Die juristische Entwicklung hält mit der technischen kaum noch Schritt. Webmaster finden hier einen kurzen Überblick über die Highlights.

Das Online-Recht ist so dynamisch wie kaum ein anderes juristisches Gebiet. Auch im vergangenen Jahr haben deutsche Gerichte und auch der deutsche Gesetzgeber - wieder einmal - zahlreiche Änderungen auf den Weg gebracht. Im Einzelnen kann man sicherlich über das eine oder andere Update diskutieren...
Das Online-Recht ist so dynamisch wie kaum ein anderes juristisches Gebiet. Auch im vergangenen Jahr haben deutsche Gerichte und auch der deutsche Gesetzgeber - wieder einmal - zahlreiche Änderungen auf den Weg gebracht. Im Einzelnen kann man sicherlich über das eine oder andere Update diskutieren, Fakt ist aber: Nicht nur als Jurist, sondern insbesondere auch als Webmaster oder -designer kann man diese Änderungen nicht einfach ignorieren, sondern muss sich wohl oder übel mit ihnen beschäftigen.Eine der bedeutsamsten Änderungen war wohl die wiederholte Anpassung der Widerrufsbelehrung für Fernabsatzgeschäfte, die seit dem 4. August 2011 Gültigkeit besitzt und eine drei-monatige Übergangszeit vorsah. Diese neuerliche Änderung basierte auf europarechtlichen Vorgaben, die auch zukünftig starken Einfluss auf die deutsche Rechtslage im E-Commerce-Bereich haben werden. So wird die EU-Verbraucherrichtlinie spätestens 2013 weitere Korrekturen am deutschen Verbraucher- bzw. Fernabsatzrecht notwendig werden lassen, was unter anderem auch zur erneuten Anpassung der Widerrufs-/Rückgabebelehrung führen wird.
Facebook steht eigentlich schon seit dem offiziellen Start seines deutschen Ablegers unter strenger Beobachtung, insbesondere von Datenschützern. Daher ist es nicht verwunderlich, dass man über den Branchenprimus unter den sozialen Netzwerken mit schöner Regelmäßigkeit etwas in den Medien findet. Im Fokus der Diskussionen stehen die verschiedenen personenbezogenen Daten, die bei der Nutzung von Facebook an das Unternehmen auf dessen Server in den USA übertragen werden. Ohne konkrete, vorherige Zustimmung jedes einzelnen Nutzers verstößt ein solches Verhalten gegen deutsches Datenschutzrecht.Einen rigiden Weg hat jüngst das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz (ULD) in Schleswig-Holstein gewählt, indem es angekündigt hat, diverse Website-Betreiber im Norden der Republik "zu Stellungnahmen aufzufordern und Verwaltungsverfahren einzuleiten". Bei der Umsetzung dieser Planung machte des ULD selbst vor der Internetpräsenz der Landesregierung Schleswig-Holsteins nicht halt.
Weitere Datenschützer aus anderen Bundesländern stimmten der Rechtsauffassung des ULD zu. Knackpunkt sei hier, dass etwa bei der Nutzung des "Gefällt mir"-Buttons von Facebook gar nicht ersichtlich sei, welche Daten genau übertragen würden und ob es überhaupt einen Unterschied mache, ob der betreffende User zu diesem Zeitpunkt bei Facebook angemeldet oder ausgeloggt sei. Egal, ob man die ULD-Maßnahmen nun gut oder völlig unangemessen findet, die datenschutzrechtliche Situation rund um Facebook ist noch nicht geklärt.Dabei ist es auch nur ein kleiner Trost, dass sowohl das Landgericht (LG) Berlin mit Beschluss vom 14. März 2011 (Aktenzeichen: 91 O 25/11) und auch das Kammergericht (KG) Berlin mit Beschluss vom 29. April 2011 (Aktenzeichen: 5 W 88/11) entschieden haben, dass die Verwendung von Facebook-Buttons zwar einen Verstoß gegen Datenschutzrecht, nicht jedoch einen Wettbewerbsverstoß darstellt.Ein weiteres Problem stellt die Frage dar, ob Facebook-Nutzer der Impressumspflicht unterliegen. Das LG Aschaffenburg hat in seinem Urteil vom 19. August 2011 (Aktenzeichen: 2 HK O 54/11) entschieden, dass jedenfalls gewerbliche Profile bei Facebook & Co. ein Impressum mit den entsprechenden Pflichtangaben enthalten müssen.Wie genau ein solches Impressum, welches nach Ansicht des Gerichts "einfach und effektiv optisch wahrnehmbar" sein sollte, auszusehen hat, ist nach wie vor nicht geklärt und stellt somit eine besondere Herausforderung für Webmaster dar, die beispielsweise auch das Facebook-Profil ihres Kunden betreuen bzw. gestalten. Es dürfte jedoch wohl nicht ausreichen, lediglich einen "sprechenden Link" auf sein Website-Impressum einzubinden, die jeweiligen Pflichtangaben sollten schon bei Facebook selbst auftauchen.
Pflichten der Denic
Grundsätzlich ist es so, dass die zuständige Domainverwaltungsstelle (für die DE-Domains ist das die Denic e.G.) bei einem Antrag auf Eintragung einer Domain nur prüfen kann und muss, ob genau diese Domain bereits besteht oder nicht. Eine Prüfung im Bereich des Marken-, Namens- oder Wettbewerbsrechts erfolgt nicht und kann angesichts der Masse an tagtäglichen Neuregistrierungen auch gar nicht erfolgen.Eine solche juristische Prüfung obliegt weiterhin dem Antragsteller. Allerdings kann Webmastern und -designern nur empfohlen werden, sich dabei fachmännischer Hilfe zu bedienen. Die Denic und die anderen Domainverwalter treffen nur ganz eingeschränkt Prüfungspflichten, wie der Bundesgerichtshof (BGH) bereits am 17. Mai 2001 entschieden hat (Aktenzeichen: I ZR 251/99).Wird die Denic auf mögliche Rechtsverletzungen hingewiesen, muss sie nur dann die betreffenden Domains löschen, wenn es sich um offensichtliche Rechtsverletzungen handelt. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn Domainnamen Bestandteile, wie etwa "regierung" enthalten, und es sich bei dem Antragsteller nicht um eine Regierungsstelle handelt. So hat es jedenfalls der BGH jüngst entschieden (Urteil vom 27. Oktober 2011, Aktenzeichen: I ZR 131/10).
Domain und Markenrechte
Jedem dürfte auch ohne vertiefte juristische Kenntnisse klar sein, dass fremde Markenbegriffe ohne entsprechende Genehmigung nicht so einfach als Domain registriert werden dürfen; ein Anrecht darauf hat in erster Linie natürlich der Markeninhaber.Allerdings hat der BGH Mitte 2010 entschieden, dass ein "rein firmenmäßiger Gebrauch" einer Domain keine rechtsverletzende Benutzung im markenrechtlichen Sinne darstellt (Urteil vom 12. Mai 2011, Aktenzeichen: I ZR 20/10). Mit diesem Urteil liegt das oberste deutsche Zivilgericht voll auf der Linie der ohnehin herrschenden einhelligen Ansicht, es hat daher klarstellenden Charakter.Eine Marke werde nicht markenmäßig benutzt, so das Gericht, wenn sie ausschließlich als Unternehmensbezeichnung verwendet werde. Sofern also ein Unternehmen einer eingetragenen Marke zum Verwechseln ähnelt, und der Begriff nur zur Bezeichnung des Unternehmens verwendet wird, kann der Markeninhaber dies nicht untersagen.
Google-Bildersuche
Wie schon 2010 hat der BGH auch 2011 eine Entscheidung zur Google-Bildersuche treffen müssen. In seinem Urteil vom 29. April 2010 (Aktenzeichen: I ZR 69/08) war der BGH zu dem Schluss gekommen, dass ein Urheber sich nicht dagegen wehren könne, dass Vorschaubilder und Links auf seine Originaldateien im Rahmen einer Suchmaschine nach entsprechenden Anfragen angezeigt würden. Dies gelte jedenfalls dann, so die Karlsruher Richter, wenn er selbst seine Bilder ohne technische Schutzvorkehrungen gegen ein Auffinden bzw. Anzeigen ins Internet gestellt habe.In seinem Urteil vom 19. Oktober 2011 (Aktenzeichen: I ZR 140/10) hat der BGH nun seine Linie mit vergleichbarer Argumentation bestätigt. Der Betreiber einer Suchmaschine, von der die Vorschaubilder als Suchergebnisse angezeigt würden, hafte nicht für die Anzeige von urheberrechtlich geschützten Werken. Gäbe es keine technischen Schutzmaßnahmen, so könne von einer Einwilligung des Urhebers ausgegangen werden.
Perlentaucher
In seinen sogenannten Perlentaucher-Entscheidungen (Urteile vom 1. Dezember 2010, Aktenzeichen: I ZR 12/08 und I ZR 13/08) hatte der BGH zwei Verfahren an das zuständige Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. zurückverwiesen. Inhaltlich ging es um die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Verwendung von Abstracts, also Kurzzusammenfassungen, fremder Buchrezensionen zulässig ist.Mit Urteilen vom 1. November 2011 (Aktenzeichen: 11 U 75/06 und 11 U 76/06) hat das Frankfurter OLG auf Basis der BGH-Auffassung, es bestünde kein generelles Verbot der Verwendung der Buchrezensionen, nun entschieden, dass die meisten der konkret betroffenen Rezensionen zu nahe am Originaltext seien. Es handelte sich im Wesentlichen um besonders prägnante Passagen der Originalrezensionen, bei denen lediglich einige Sätze ausgelassen worden waren. Somit sei ein Verstoß gegen das Urheberrecht zu bejahen.
AGB-Klauseln
Die Erstellung bzw. Überprüfung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sind eigentlich nicht das täglich Brot von Webdesignern, obgleich einige Kunden dies offenbar voraussetzen. So kommt es erfahrungsgemäß nicht selten vor, dass ein Webdesigner nicht nur den entsprechenden Menüpunkt in der Site-Struktur anlegen, sondern diesen auch gleich mit Leben füllen soll - nicht selten kommt hierbei die Copy-und-Paste-Methode zum Einsatz.

Abgesehen davon, dass hierbei ein Urheberrechtsverstoß riskiert wird, kann man als juristischer Laie kaum einschätzen, welche AGB sich nun für die Übernahme ins eigene Projekt eignen bzw. welche überhaupt korrekt und/oder aktuell sind. Die Schwierigkeit im Umgang mit AGB zeigen verschiedene gerichtliche Entscheidungen, die sich mit einzelnen Klauseln befassen.So hat das LG Magdeburg mit Beschluss vom 13. Juli 2007 (Aktenzeichen: 7 O 1256/07) entschieden, dass die Bitte um Rücksendung der Ware in der Originalverpackung nach Ausübung des Widerrufrechts einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht darstellt. Hingegen sieht das LG Hamburg (Urteil vom 6. Januar 2011, Aktenzeichen: 327 O 779/10) in einer solchen Klausel keine Rechtsverletzung.Mit der Frage, ob die Klausel "Es gilt deutsches Recht, auch wenn im Ausland bestellt wird", zulässig ist, hatte sich das LG Hamburg in derselben Entscheidung zu befassen. Auch diese AGB-Klausel bewerteten die Hamburger Richter als zulässig und damit nicht als Wettbewerbsverstoß.
Geldgeschäfte
Werden über eine Online-Plattform Geschäfte in der Weise getätigt, dass der Website-Betreiber als Vermittler zwischen Händlern und Kunden auftritt und im Rahmen dieser Tätigkeit auch Gelder der Kunden vereinnahmt und diese später an die Händler weiterleitet, so bedarf der Vermittler für diese Tätigkeit einer Genehmigung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).So sieht es jedenfalls das LG Köln im Falle eines Portals für Lieferdienste in seinem Urteil vom 29. September 2011 (Aktenzeichen: 81 O91/11). Dies gelte unabhängig davon, ob die Gelder mittels Paypal, Sofortüberweisung.de, Kreditkarte oder einer anderen Methode bezahlt würden, so die Kölner Richter.Website-Betreiber, die ein vergleichbares Geschäftsmodell betreiben, sollten so bald als möglich eine entsprechende BaFin-Lizenz beantragen oder auf Payment-Dienstleister zurückgreifen.