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Ratgeber

Belichtungssteuerung

Programm-, Blenden- oder Zeitautomatik, oder gleich alles manuell einstellen? Horst Gottfried erklärt, welche Einstellung für welches Motiv und welche Lichtsituation passt.

Autoren: Redaktion pcmagazin und Horst Gottfried • 4.3.2008 • ca. 6:00 Min

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Inhalt
  1. Belichtungssteuerung
  2. Stichwort Blende und Belichtungszeit

Im ersten Schritt bestimmt die Kamera die nötige Lichtmenge für ein optimal belichtetes Foto. Im zweiten Schritt werden Belichtungszeit und Blende so eingestellt, dass diese Lichtmenge tatsächlich auf den CCD trifft. Diese Aufgabe kann die Kameraautomatik übernehmen oder der Fotograf von Hand. D...

Im ersten Schritt bestimmt die Kamera die nötige Lichtmenge für ein optimal belichtetes Foto. Im zweiten Schritt werden Belichtungszeit und Blende so eingestellt, dass diese Lichtmenge tatsächlich auf den CCD trifft. Diese Aufgabe kann die Kameraautomatik übernehmen oder der Fotograf von Hand. Denn zu jedem Messwert passen unterschiedliche Zeit-/Blenden-Kombinationen. Die Wahl der Werte hat entscheidenden Einfluss darauf, wie ein Motiv im Foto festgehalten wird. Die Blende ist verantwortlich für die Schärfentiefe: Eine große Blendenöffnung bewirkt geringe Schärfentiefe, eine kleine Blendenöffnung erhöht sie. Die Belichtungszeit beeinflusst die Bildschärfe gleich doppelt. Zum einen ist die Verwacklungsgefahr umso geringer, je kürzer die Belichtungszeit ausfällt. Zum zweiten entscheidet die gewählte Zeit darüber, wie scharf oder unscharf bewegte Details im Bild erscheinen.

Wieviele unterschiedliche Zeit-/Blenden-Kombinationen zur Wahl stehen, hängt von der technischen Ausstattung von Kamera und Objektiv ab. Lichtschwachen Objektiven fehlen die großen Blenden (kleiner Wert), billigen Kameras kurze Zeiten. Die Tabelle rechts nennt mögliche Kombinationen für eine klassische Lichtsituation mit bedecktem Himmel am frühen Nachmittag (Lichtwert oder EV 12) bei ISO 100.

geringe Schärfentiefe
Geringe Schärfentiefe bei Blende 3,5 - scharfer Vordergrund und scharfer Hintergrund.
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Zwischen der totalen Automatik und dem autonom entscheidenden Fotografen  gibt es eine Reihe von Abstufungen in der möglichen Ausstattung der Kamera. Bei den Kompaktkameras zeichnet sich aktuell eine Entwicklung zu "intelligenteren" Motivprogrammen ab, mit einer automatischen Wahl des richtigen Programms je nach Motiv. Die Stichworte lauten hier Bewegungserkennung mit gekoppelter ISO-Steuerung sowie Gesichtserkennung.

Programmautomatik (P)Die Programmautomatik "P" ist heute nicht zu unrecht die Allround-Einstellung. Sie erlaubt es dem Fotografen, sich voll auf das Motiv zu konzentrieren, weil sich die Kamera nach dem alten Kodak-Motto "you press the button, we do the rest" um Zeit- und Blendeneinstellung kümmert. Ihre Entscheidung für eine bestimmte Zeit-/Blenden-Kombination können die Kameras heute viel qualifizierter treffen als bei der Einführung der Programmautomatik in die SLR-Welt vor fast 30 Jahren im photokina-Jahr 1978 mit der Canon A-1 und der Minolta XD-7. Verlauf und Grenzen der Programmkurve im Koordinatensystem zwischen größter Blende/kürzester Zeit und kleinster Blende/längster Zeit werden objektivseitig von der Brennweite und dem zur Verfügung stehenden Blendenbereich bestimmt. Kameraseitig entscheidet der Verschlusszeitenbereich.

große Schärfentiefe
Große Schärfentiefe bei Blende 11 - Vorder- und Hintergrund scharf.
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Eine wichtige Information für den Kameracomputer ist die Brennweite des Objektivs, da längere Brennweiten kürzere Belichtungszeiten erfordern, um Verwackeln zu vermeiden. Umgekehrt kommen kurze Brennweiten meist bei weiträumigen Motiven zum Einsatz, wo oft ein möglichst großer Schärfenbereich von nah bis unendlich gewünscht ist. Dem entspricht das Programm der Kamera mit einer Bevorzugung kleiner Blenden und entsprechend längeren Zeiten.

Bei den Motivprogrammen aktueller Kameras werden auch noch weitere Faktoren berücksichtigt. Basierend auf der Mehrfeldmessung sowohl bei Autofokus wie auch der Belichtung können bestimmte Motivtypen wie Porträt oder Landschaft erkannt und passende Blenden und Zeiten gewählt werden. Motivprogramme können dem Fotografen zudem noch weitere Entscheidungen abnehmen, etwa ob mit Einzelbild- oder kontinuierlicher Autofokussierung gearbeitet oder ob geblitzt werden soll. Mag ersteres noch ganz praktisch - und dem späteren Foto auch nicht anzusehen - sein, kann ein alle Nase lang wie Kai aus seiner Kiste springender Aufklappblitz rasch nerven, zumal es mit dessen Leuchtkraft im wahrsten Sinne des Wortes nicht weit her ist.

Zeitenvorwahl Tv
Zeitenvorwahl "Tv" ist vor allem bei schnell bewegten Motive sinnvoll. Die "Tv"-Funktion ist auch nützlich, wenn Sie mit langen Belichtungszeiten blitzen.
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Wichtiger als Motivprogramme ist vielen der Programm-Shift. Per Programm-Shift kann der Fotograf direkt die Zeit-/Blenden-Kombination verschieben, ohne in ein anderes Programm mit Zeit- oder Blenden-Vorwahl zu wechseln.

Blendenautomatik mit Zeitvorwahl (Tv/S)Will der Fotograf eine bestimmte Zeit oder Blende vorgeben, kann er die Automatik den passenden zweiten Wert suchen lassen. Immer wieder für Verwirrung sorgen die Bezeichnungen: So ist die Blendenautomatik das Mittel der Wahl, wenn mit einer festen Zeit fotografiert werden soll und die Kamera automatisch die richtige Blende zur Zeit des Fotografen einstellt. Daher wird sie an der Kamera meist mit "Tv" für "Time value" oder "S" für "Speed" gekennzeichnet. Die Belichtungszeit spielt die entscheidende Rolle wenn es um den sicheren Schutz vor Verwacklung geht. Mit Programmautomatik kann es passieren, dass man im Eifer des Gefechts fleißig mit einer viel zu langen Zeit drauflostknipst. Davor schützt die feste Wahl einer Zeit auf Basis der Faustregel "verwacklungssichere Zeit = 1/Brennweite (bezogen auf KB)".

Was verschiedene Belichtungszeiten für die Abbildung bewegter Motive bedeuten, sollten Sie am besten selbst ausprobieren, indem Sie z. B. einfach mal Sie mal einen Wasserfall oder Springbrunnen mit 1/30 Sekunde und ein zweites Mal mit 1/500 oder gar 1/1000 Sekunde fotografieren. Im ersten Fall erhalten Sie im Bild einen Wischeffekt, der dem an sich statischen Foto einen Eindruck von Bewegung verleiht. Im zweiten Fall dagegen scheint das Wasser wie eine Skulptur "eingefroren" in der Luft zu stehen - beides kann großartig aussehen.

Diese Effekte können Sie auch für andere bewegte Motive nutzen. Gerade Sport- und Actionaufnahmen sind eine Domäne der Blendenautomatik. Mit der kurzen Zeit erwischen Sie den Hochspringer in aller Schärfe, wenn er gerade die Latte überquert oder den Kicker am Ball - und das alles vor schön unscharfem Hintergrund, weil es zur kurzen Zeit die offene Blende "gratis" dazugibt. Mit einer längeren Zeit können Sie versuchen, die Kamera beim Fotografieren eines bewegten Motivs mitzuziehen, um etwa den Radfahrer scharf vor verwischtem Hintergrund abzubilden und so den Faktor Geschwindigkeit bildlich dazustellen. Am besten stellen Sie dazu die Kamera auf Serienbildfunkton, dann braucht es nur noch etwas Übung und Glück.

Blendenvorwahl Av
Blendenvorwahl "Av" kommt vor allem zum Einsatz, wenn Bildgestaltung mit der Schärfentiefe gefragt ist.
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Zeitautomatik mit Blendenvorwahl (Av)Wenn Sie eine malerische Allee fotografieren wollen, warten die Bäume in aller Ruhe, bis die Aufnahme im Kasten ist, da kommt es auf die Belichtungszeit nicht so an. Wichtiger ist, dass möglichst viele Bäume von ganz vorn bis weit hinten schön scharf werden. Geht es dagegen um ein Portrait, dann wirkt das Foto am besten, wenn Sie den Blick des Betrachters durch gezielte Scharfstellung auf Ihr Hauptmotiv lenken und keine unruhigen Details im Vorder- und Hintergrund seine Aufmerksamkeit ablenken. Dazu bedarf es möglichst geringer Schärfentiefe.

In beiden Fällen sind Sie mit der Zeitautomatik am besten bedient: Sie wählen die Blende und die Kamera stellt die passende Bleichtungszeit ein. Für große Schärfentiefe schließen Sie die Blende, soweit es das Objektiv oder die Verwacklungsgefahr durch die resultierende längere Belichtungszeit zulässt. Für geringe Schärfentiefe öffnen Sie die Blende so weit wie möglich, wodurch der Hintergrund unscharf wird, so dass sich das Hauptmotiv davon scharf abhebt.Über den gestalterischen Einsatz hinaus kann sich die Zeitautomatik auch für schnelle Schnappschüsse als hilfreich erweisen. Wenn der Autofokus mit einem Weitwinkel von 24 mm (dessen Bildwinkel an einer der gängigen Digital-SLR-Kameras mit APS-C-Sensor dem von 35 mm Brennweite bei 24 x 36 mm KB entspricht) nicht jedes Mal neu fokussieren soll, können Sie z. B. Blende 8 und eine Entfernung von 4 m vorwählen. Dann reicht die Schärfe von rund 2 m bis unendlich.

Motivprogramm P
Das Motivprogramm "Porträt" sorgt dafür, dass sich das Hauptmotiv scharf vom unscharfen Hintergrund abhebt.
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Ein Vorteil der Zeit- gegenüber der Blendenautomatik ist ihr großer Arbeitsbereich. Zur vorgewählten Blende kann eine SLR-Kamera die richtige Zeit aus dem Bereich von z. B. 1/4000 bis 30 s wählen. Das entspricht 18 EV-Stufen. Bei einer Blendenautomatik mit vorgewählter Zeit wird der Arbeitsbereich der Automatik dagegen von der Zahl der Blendenstufen des Objektivs beschränkt, würde also etwa mit einem Zoomobjektiv von Lichtstärke 4 und einer kleinsten Blende von 22 nur sechs EV-Stufen betragen.

Manuelle Zeit- und Blendenwahl (M)Die Zeit- und Blendeneinstellung von Hand nutzen viele heute nur noch in Ausnahmefällen, etwa für Aufnahmen, bei denen sie gezielt von der Belichtungsmessung abweichen wollen. Wenn beispielsweise der Monitor zeigt, dass die letzte Aufnahme zu dunkel geriet, kann man mit einer Belichtungskorrektur oder manuellen Einstellung ein zweites helleres Bild machen. Auch für spezielle Effekte erzielt wie High-Key- oder Low-Key-Aufnahmen, bei denen sich Bildwichtiges nur im dominierenden hellen oder dunklen Bereich abspielt, nutzen viele Fotografen die manuelle Belichtungsmessung. Ein anderer Fall ist eine Serie, bei der alle Aufnahmen exakt gleich belichtet sein sollen.

Die meisten Kameras zeigen die Differenz der manuellen Einstellung zum Messwert auf einer Analogskala mit einer Kette von Punkten im Sucher oder auf dem Monitor an. So kann der Fotograf Blende und Zeit korrigieren, bis seine Einstellung dem Messwert entspricht oder um das gewünschte Maß davon abweicht.