Ratgeber Heimnetzwerk
Alles, was Sie über Smart-TV-Apps wissen müssen
Smart-TVs können Medieninhalte aus unterschiedlichen Quellen wieder geben und spezielle Apps erweitern das Angebot.

Mit Smart TV via HbbTV lassen sich am Fernseher vor allem Videos und ganze TV-Kanäle per Web nutzen. So können Sie sich Filme von YouTube oder Vimeo ansehen oder sich mit Freunden via Skype oder Facebook austauschen. Die Apps lassen sich etwa in Favoriten-Ordnern organisieren. Gemäß einer Leserumfrage unserer Schwesterzeitschrift Video ist die Nutzung der TV-Mediatheken die beliebteste Smart-TV-Funktion: Jeder zweite Anwender (49 Prozent) greift darauf zu, YouTube, Vimeo & Co. ruft dagegen nicht einmal jeder Dritte auf (30 Prozent).

Internet und TV wachsen zusammen
Wie kommen die zusätzlichen Informationen aber nun auf den Fernseher? Die Übertragung ist auf zwei Wegen möglich: Wie andere Fernsehinhalte auch, lassen sich lineare Audio-/Video-Inhalte über DVB-S, DVB-T oder DVB-C empfangen. Doch auch die Übertragung von Anwendungsdaten und Steuersignalen ist so möglich. Besteht parallel dazu eine Verbindung zwischen HbbTV-Gerät und Internet, ist auch eine bidirektionale Verbindung und somit Interaktivität zum Inhalteanbieter möglich.
Die direkte Einbindung des Zuschauers z.B. bei Fragen ins Publikum bei einer Quiz-Show wird so möglich. Wirklich multimedial wird es aber nur durch die integrierte Web-Funktionalität - erst dann wird der Fernseher zum Smart-TV. Ähnlichkeiten zum gewohnten Videotext gibt es weiterhin.
So erscheinen dank HbbTV erweiterte Informationen zum laufenden Programm. Diese erreichen Sie einheitlich über den roten Knopf der Fernbedienung. Die flüssige Darstellung der dann angezeigten Internet-Inhalte, möglichst mit Bewegtbild, setzt freilich schnelle Übertragungsraten voraus.
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Um HbbTV zu nutzen, muss der Fernseher über eine entsprechende Software verfügen. Philips nutzt dazu einen speziell angepassten Opera-Webbrowser. Die erste Philips TV-Generation mit Opera ist die 2011er Generation (Seriennummer ab xxPFLxxx6). Diese Geräte unterstützen HbbTV in Version 1.1.1.
Auch viele Fernseher anderer Hersteller ab etwa Ende 2010 haben bereits eine HbbTV-Unterstützung integriert, die ersten Fernseher mit HbbTV-Unterstützung kamen 2009 in den Markt. Manchmal ist zur HbbTV-Nutzung ein Update mit aktueller Firmware erforderlich, die auf den Hersteller-Seiten zu finden ist. HbbTV muss bei einigen Fernseher-Modellen sogar extra freigeschaltet werden, da sie standardmäßig ausgeschaltet sind, da die spezialiserten Pixelengines in den Geräten mit zusätzlichen Aufgaben überfordert wären.

Und wenn wirklich gar nichts geht, lassen sich selbst Röhrenfernseher durch externe, HbbTV-fähige Receiver oder Player nachrüsten, sofern diese noch einen für den Fernseher passenden Ausgang wie Scart haben. Wer einen HDMI-Anschluss besitzt, könnte etwa die Smart TV Box LG ST600 einsetzen. Sie unterstützt viele Abspielformate und lässt sich über eine App für Android oder iOS bedienen. Andere Boxen wie der Philipps hmp5000 (ca. 100 Euro) oder der Sony smp-n200 für ca. 70 Euro leisten Ähnliches.
Doch Vorsicht: Wenn eine App etwa auf einem Sony-Gerät einwandfrei läuft, heißt das noch lange nicht, dass sie auch auf einem Philips-Fernseher funktioniert. Viele Hersteller haben nicht HbbTV-Standard-konforme Erweiterungen - insbesondere Abrechnungssysteme und Verschlüsselungen - implementiert.
Denn die Gerätehersteller erheben nur zu gern ihren exklusiven Obolus auf Bezahldienste wie Maxdome. Zudem spielen noch Alleinstellungsmerkmale eine Rolle - die Hersteller wollen nicht austauschbar sein. Einige Hersteller begründen die vielen Sonderwege auch mit unterschiedlicher Hardware der Hybrid-Fernsehgeräte.

Smart-TV-Apps im Eigenbau
Jeder Hersteller vermarktet seine Apps deshalb mehr oder weniger über proprietäre App-Stores und ermuntert Programmierer wie Privatanwender, Anwendungen (exklusiv) für sie zu schreiben. Alle großen TV-Hersteller bieten für ihre Smart-TV-Plattform eigene SDKs (Software Development Kits) an. Die SDKs enthalten typischerweise ein Handbuch, Richtlinien für die Entwicklung, Entwicklungs-Software wie einen Designer für die grafische Oberfläche, eine Entwicklungsumgebung und einen TV-Emulator zum Testen der Anwendung und eine Reihe von Musterbeispielen.
Wer bereits Erfahrungen in der Web-Programmierung hat, dürfte damit rasch zurecht kommen - die Programmierung von Smart-TV-Apps und die Web-Programmierung (abgesehen von Flash) ähneln sich stark: Für das Erstellen der Apps kommen laut Smart TV Alliance durchweg Internet-Technologien zum Einsatz wie (X)HTML (Hypertext Markup Language), CSS (Cascading Style Sheets) und JavaScript.
Samsung (und einige andere) stellen je ein eigenes Entwicklungswerkzeug bereit. Samsung-Apps sind HTML Web Widgets, bei denen die einzelnen Komponenten WebPage, CSS, JavaScript und Bilder zusammen gebündelt werden und dann auf dem Hybrid-TV laufen. Die Ausführung übernimmt ein in die Hybrid-TV-Geräte integrierter Browser - MAPLE. Das SDK von Samsung finden Sie unter samsungdforum.com.

Um das App-Angebot zu vergrößern, hat Samsung Ende 2010 die European Smart TV Developer Challenge gestartet mit insgesamt 500.000 Euro Preisgeld. Dadurch ist zumindest die Zahl der bereit stehenden Apps sprunghaft gestiegen, die Qualität lässt oft - wie bei den Mitbewerbern - Wünsche offen.
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Die Installation der SDKs erfolgt automatisiert über einen Installer. Samsung installiert dabei einen Apache Webserver mit, der die Übertragung der Apps auf den Samsung Fernseher gestattet. Über von Samsung eigens entwickelte JavaScript-Klassen kann die App mit dem Hybrid-TV kommunizieren - so lässt sich etwa die Fernbedienung des Fernsehers durch eine App ersetzen.
Apps am PC nur bdeingt einsetzbar
Bedauerlich: Wer HbbTV-Apps auf dem PC ausprobieren will, kann dies derzeit nur mit Standard-HbbTV-Seiten machen. So gibt es etwa Firehbbtv für Firefox . Etwas umfangreicher ist der kostenlose Opera TV Emulator, der in einer virtuellen Umgebung ein Fernsehgerät emuliert. Diese virtuelle Umgebung muss zuvor installiert sein. Der Emulator eignet sich zusätzlich, um HTML5-Seiten auf Kompatibilität zu testen.

Aufgrund der proprietären Lösungen ist das Angebot freilich recht klein, das sich mit diesen Plug-ins aufrufen lässt - die Hersteller bleiben auch hier restriktiv. Einige Services filtern zudem den User Agent des Browsers und zeigen die TV-Version nur auf Fernsehern und anderen Connected Devices an. Dies lässt sich etwa mit Hilfe von Plug-ins wie dem User Agent Switcher beheben.
Sie finden ihn unter addons.mozilla.org. In Safari führt die Lösung über eine Einstellung im Entwickler-Menü, beim Internet Explorer über die Registry. Bleibt das Problem, dass die Smart-TV-App möglicherweise nur heruntergeladen, nicht jedoch angezeigt wird. Dagegen hilft wiederum der Opera TV Emulator.
Doch es gibt auch Lichtblicke im Anwendungs-Wirrwarr der Smart-TVs. Einer ist hbbig.com, wo sich Apps verschiedener Anbieter und vor allem einer umtriebigen Entwicklergemeinde ausprobieren lassen - auch auf dem TV-Gerät! Sie müssen dabei die oben angegebene Adresse einfach mit dem integrierten Webrowser des TV-Gerätes ansurfen. Ob die jeweils gewählte Anwendung dann aber auch auf Ihrem TV-Gerät läuft, ist immer noch etwas Glückssache.
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Das erinnert ein wenig an die Anfänge des Personal Computers - erst als Windows 95 erschien, waren die meisten Kinderkrankheiten behoben, die elenden Autoexec-Bat-Frickeleien hörten langsam auf. Zu hoffen bleibt, dass es nicht wieder 20 Jahre dauert, bis auch die Wohnzimmer-Apps fehlerfrei überall funktionieren.
Smart TV Alliance: Teamwork statt Insellösungen
Die führenden Hersteller von HybridFernsehern haben bei der App-Entwicklung bisher jeweils ihr eigenes Süppchen gekocht und HbbTV für ihre jeweiligen Zwecke abgewandelt - mit der Folge, dass sich die Zahl der wirklich brauchbaren Anwendungen überschaubar blieb. Das soll sich mit der Smart TV Alliance ändern: LG, Philips, Sharp und Toshiba wollen enger zusammenarbeiten und beispielsweise gemeinsam SDKs für Apps anbieten. Diese sollen dann auch garantiert zu allen Geräten der beteiligten Firmen kompatibel sein.
Dies spart den Entwicklern Ressourcen und soll bereits in Kürze zu mehr und besseren TV-Anwendungen führen. Auch On-Demand-Angebote wie Maxdome oder Videoload, Musikportale oder Spiele sollen künftig auf allen Geräten der beteiligten Hersteller ohne weitere Anpassnungen verfügbar sein. Ein erstes SDK (Software Development Kit), es nutzt vorwiegend offene Webtechnologien, liegt für Entwickler von Apps bereits auf der Webseite der Alliance zum Download bereit. Eine verbesserte Version soll im Ende 2012 folgen.