Kundenwertanalyse
Wer gehört zu unseren Zielkunden? Und vor allem: Wer gehört nicht dazu? Mit diesen Fragen befassen sich manche (Online-)Händler zu wenig.

Die Zahl der Kunden ist nur einer von vielen Faktoren, die u?ber den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen entscheiden. Mindestens ebenso wichtig sind folgende Aspekte:Wie oft kaufen die Kunden beim Unternehmen ein?Welchen Umsatz erzielt das Unternehmen "pro Besuch" beziehungsweise "Kaufaktion"?We...
Die Zahl der Kunden ist nur einer von vielen Faktoren, die u?ber den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen entscheiden. Mindestens ebenso wichtig sind folgende Aspekte:
- Wie oft kaufen die Kunden beim Unternehmen ein?
- Welchen Umsatz erzielt das Unternehmen "pro Besuch" beziehungsweise "Kaufaktion"?
- Welche Gewinnmarge erzielt es mit den Kunden?
Das wissen eigentlich alle Personen, die in den Unternehmen fu?r deren Ertrag (mit-)verantwortlich sind. Trotzdem lässt sich immer wieder registrieren, dass dieser Zusammenhang im Betriebsalltag zu wenig Beachtung findet.
Da startet zum Beispiel die Marketingabteilung einer (Online-)Bank eine Aktion zur Neukundengewinnung, bei der sie Neukunden, die ein Tagesgeldkonto eröffnen, einen weit höheren Zinssatz offeriert als das Gros der Mitbewerber. Und tatsächlich werden einige Neukunden akquiriert.
Unu?berlegte Hauruck-Aktionen
Doch sind damit positive Auswirkungen auf den Ertrag zu verzeichnen? Meist eher nicht! Denn dieses Angebot "ausschließlich fu?r Neukunden" verärgert nicht nur einen Teil der Stammkunden. Hinzu kommt: Von den Neukunden sind viele sehr preissensibel. Deshalb wechseln sie erneut die Bank, wenn das "Sonderangebot" ausgelaufen ist oder ihnen ein anderer Anbieter ein noch attraktiveres Angebot unterbreitet.
Ein weiteres Beispiel: Ein (Online-)Händler startet eine Mailingaktion, in der er Neukunden einen Preisnachlass von 20 Euro beim Ersteinkauf offeriert. Und tatsächlich gewinnt er Neukunden, die sogar häufiger bei ihm kaufen. Doch leider sind diese Kunden andere als die bisherigen. Der Wert ihrer Bestellungen ist deutlich niedriger als bei den Altkunden.
Doch nicht nur dies: Die Neuen verursachen auch einen höheren Aufwand. Denn sie senden die bestellte Ware häufiger zuru?ck und ihre Zahlungsmoral ist schlechter. Die Folge: Die Kosten des Händlers schnellen nach oben. Und plötzlich steht das Unternehmen vor der Frage: Wie werden wir die Kunden, die wir zwar riefen, aber eigentlich nicht wollen, wieder los?
Das ist eine sehr komplexe Frage - gerade im Business-to-Consumer-Geschäft. Denn selbstverständlich kann der Händler verschiedene erzieherische Maßnahmen ergreifen und im Extremfall sogar die Geschäftsbeziehung beenden. Doch dies ist ein heikles Unterfangen. Denn solche Maßnahmen können zum Beispiel bewirken, dass der (Online-)Händler im Internet plötzlich sehr schlecht bewertet wird - was auch das (Kauf-) Verhalten der lukrativen (Ziel-)Kunden negativ beeinflusst.
Und der absolute Super-Gau: Ein quotenstarkes Fernsehmagazin strahlt einen Bericht u?ber den schlechten Service des (Online-)Händlers aus. Dann hat er ein echtes Problem - selbst wenn seine Maßnahmen betriebswirtschaftlich notwendig waren.
Zielkunden genau definieren und analysieren
Die Beispiele zeigen, wie wichtig es ist, Neukundengewinnungsprogramme, Angebote und Kundenbindungsaktionen exakt auf die Gewinn bringenden (Ziel-) Kunden zuzuschneiden. Immer mehr Unternehmen versuchen deshalb, mithilfe ihrer CRM-Systeme Kunden nach allen möglichen Kriterien zu "clustern" und mithilfe einer Kundenwertanalyse zu priorisieren. Allerdings schöpfen viele Unternehmen das Potenzial der Kundenwertanalyse nicht voll aus.
In der Technik liegt dabei eher selten das Problem, da es hierfu?r inzwischen gute Software- und Dienstleistungsangebote gibt. Entscheidender ist, dass viele Unternehmen - ausgehend von ihrer Positionierung im Markt - nicht exakt genug definiert haben:
- Wer sind unsere Zielkunden?
- Durch welche Eigenschaften, Einstellungen und Verhaltensmerkmale zeichnen sie sich aus?
- Über welche Kanäle erreichen wir sie?
- Welche Personengruppen oder Organisationen wollen wir keinesfalls als Kunden haben?
Ergebnisse richtig umsetzen
Doch wenn das alles geklärt wurde, ist oft noch zu wenig in den Köpfen der Entscheider verankert, bei welchen Kunden sich ein Engagement (nicht) lohnt. Die Folge: Sie treffen im Betriebsalltag immer wieder Entscheidungen, die den u?bergeordneten Zielen zuwiderlaufen. Und ehe sie sich versehen, befindet sich das Unternehmen in einer ähnlichen Situation wie ein stationärer Händler, der eine Werbekampagne gestartet hat, die tatsächlich viele Neukunden in den Laden zieht - doch leider primär "Schaukunden", die fast nichts kaufen. Sie umlagern und beschäftigen aber das Verkaufspersonal, weshalb diese kaum Zeit fu?r die wirklich attraktiven Kunden haben. Die Folge: Diese verlassen irgendwann frustriert das Geschäft.
Was kann ein Händler in einer solchen Situation tun? Die "Schaukunden" bitten, sein Haus zu verlassen (und nie mehr zu kommen)? Das ist meist ebenso wenig möglich wie dass ein im B2C-Bereich angesiedelter Online-Shop seine Pforten fu?r gewisse Kundengruppen fu?r immer schließt.
Entsprechend wichtig ist es, sich im Vorfeld bei der den Entscheidungen u?ber die Shop- und Sortimentsgestaltung sowie geplante Marketingaktionen genau zu u?berlegen: Locken wir damit wirklich die gewu?nschten Kunden an? Denn sind die Falschen erst einmal im Haus, erfordert es viel Zeit, Energie und "Fingerspitzengefu?hl", sich wieder von ihnen zu trennen.