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Eine Million Downloads bis zum Break-even

App Store Optimization - das ist wichtig

Alle reden von App-Programmierern, die Millionen verdienen - kaum jemand über die weitaus größere Zahl von Flops. Wer sich bei iTunes oder Google Play in der Flut von Programmen durchsetzen will, braucht mehr als nur eine gute Idee: Er muss sich auch in die App Store Optimization einarbeiten. Wie das geht, erklärt unser Interviewpartner Stefan Bielau.

Autor: Tobias Gillen • 30.5.2014 • ca. 8:55 Min

App Store Optimization
App Store Optimization
© Sergey Nivens/shutterstock.com

Das Schlagwort >>SEO<< kennt inzwischen fast jeder, die sogenannte App Store Optimization, kurz ASO, ist dagegen noch kein besonders bekannter Begriff. Bei der Optimierung von Apps will man zwar keine Besucher auf eine Website ziehen, der Grundgedanke ist aber der gleiche. Sucht ein Nutz...

Das Schlagwort >>SEO<< kennt inzwischen fast jeder, die sogenannte App Store Optimization, kurz ASO, ist dagegen noch kein besonders bekannter Begriff. Bei der Optimierung von Apps will man zwar keine Besucher auf eine Website ziehen, der Grundgedanke ist aber der gleiche. Sucht ein Nutzer im App Store, soll er die App möglichst weit oben finden.

Um ein gutes Ranking zu erzielen, gibt es Tricks und Kniffe, die einer besonders gut kennt: Stefan Bielau. Er berät Marken und Firmen in Sachen Mobile Services. Gemeinsam mit drei Partnern betreut er weltweit Kunden aus den Bereichen Mobile Gaming, Publishing und Entertainment - darunter Hailo oder den Berliner Verlag. Vor seiner Beratungstätigkeit entwickelte er Dailyme, eine TV- und Video-App.

Im Cafe Plakatowka in Warschau spricht Bielau mit IntMag-Autor Tobias Gillen per Skype-Interview über den aktuellen Stand der App Store Optimization, wichtige Dinge, die es zu beachten gilt, und intransparente Algorithmen von Google und Apple.

Wir sehen es an Trendspielen wie Flappy Bird: 50.000 US-Dollar Werbeeinnahmen pro Tag hat Entwickler Nguyen Dong mit seiner App eingenommen. Nachdem er sie aus den Stores entfernt hatte, dauerte es nicht lange, da waren die Top 20 überfüllt mit Klonen. Viele Entwickler scheinen also zu hoffen, mit ihrer App das schnelle Geld zu machen. Ist das übertriebener Optimismus im Hinblick auf die Überflutung der App Stores?

Absolut. Die Hochzeiten oder das Wild-West-Gefühl der Anfangsjahre sind lange vorbei. Die Durchschnittsentwicklungskosten für eine iOS-App liegen aktuell bei etwa 25.000 Dollar, für eine Android-App bei etwa 17.000 Dollar. Um das mal in ein Verhältnis zu stellen, wie viele Klicks ich generieren müsste, wenn da ein Werbemodell dahinterstehen oder ich in der App so genannte In-App-Käufe anbieten würde: Von den absoluten Nutzerzahlen kaufen nur etwa drei bis vier Prozent auch wirklich.

Um die Kosten als einzelner Entwickler zurückzuverdienen, benötigt man schon eine ganze Menge Zeit, die investiert werden muss. Hinzu kommt ein zusätzliches Marketingbudget. Dafür rechnet man noch einmal auf jeden Dollar für die Entwicklung mindestens 1,50 Dollar bis 1,80 Dollar obendrauf, um überhaupt relevantes Marketing machen zu können. Und das bedeutet dann ja noch lange nicht, dass die Leute, die die App dadurch sehen, sie am Ende auch wirklich kaufen.

Wie viele Downloads wären heutzutage nötig, damit eine App >>erfolgreich<< ist?

Man geht von einer Million Downloads und/oder Nutzern aus, um auf dem Markt zu bestehen. Damit bekommt man die Tür auf bei großen Vermarktern, bei potenziellen Werbekunden oder im Konzept von Journalisten und Rezensenten - bis hin natürlich zu möglichen Investoren. Und bis dahin mit einem >>One Hit Wonder<< hinzukommen und darüber dann eine virale Verbreitung zu bekommen, das ist nur noch schwerlich möglich.

Wichtig dabei ist, dass eine App sichtbar wird. Was würdest du einem Entwickler raten - Stichwort >>App Store Optimization<

Was ich immer empfehlen würde, ist, dass sich die Entwickler fragen, ob die Planung wirklich erfolgsversprechend ist. Erst dann sollte man das Projekt angehen und entwickeln. Das sollte man immer schon vor der Entwicklung im Blick haben, damit man, wenn man dann soweit ist, auch einen guten Marketingplan hat. Wichtig ist dabei erstens, dass ich gefunden werde. Wenn man also eine Abkürzung von einer Firma sucht und sie nicht findet, weil der Marketingentscheider gesagt hat, dass man nur den offiziellen Namen nutzen soll, dann sind das schon erste Punkte, wo App Store Optimization nicht funktioniert.

Zweitens ist wichtig, dass man auch gefunden wird, wenn Nutzer, wie auch im Web, generische Suchanfragen stellen. Außerdem sollte man bei bestimmten Schlagwörtern versuchen, hoch in den Stores zu ranken, also möglichst weit oben bei den Suchbegriffen angezeigt zu werden. Wenn ein Nutzer dann entschieden hat, sich die App genauer anzuschauen, sollte die App natürlich mit Screenshots, Namen und allem, was ich in den jeweiligen Stores verbaue, möglichst attraktiv präsentiert werden und zum Kauf anregen.

Was sind konkret die einzelnen Punkte, die für die App Store Optimization von Bedeutung sind?

Alles in der App Store Optimization fällt unter den Begriff der Metadaten. Also alle Felder, die ich ausfülle, wenn ich eine App oder ein Update in den Store stelle. Das fängt immer an beim Entwicklernamen, geht weiter mit dem Namen der App selbst und den Schlagwörtern und hört auf mit Beschreibungstexten und den Beschreibungen der In-App-Kauf-Items.

Das sind letztendlich die Keyword-relevanten Felder im App Store. Zudem sollte das Design natürlich stimmig sein. Backlinks in den Google Play Store von Websites, die auch in der Websuche bei Google gut gerankt sind, schaden auch nicht. On top kommen dann noch die Screenshots, wo man darauf hinarbeiten sollte, dem Nutzer ein möglichst attraktives Angebot zu unterbreiten.

Gibt es da Unterschiede zwischen dem iOS-, dem Android- und dem Windows Phone Store?

Also die größten Unterschiede sind sicherlich daran festzumachen, dass ich bisher ausschließlich bei Google Videos einfügen kann. Das ist natürlich insofern schön, als eine App nicht etwas Statisches, sondern ein Stück Software ist, das sich bewegt, mit Effekten spielt oder Sounds abspielt. Das kann ich nicht mit einem statischen Screenshot transportieren. Hier hat Google als erster Store Entwicklern die Möglichkeit gegeben, sich attraktiver zu präsentieren.

Hat das Auswirkungen auf die Verkäufe?

Google hat vergangenen Sommer bekanntgegeben, dass Apps, die Videos einsetzen, deutlich höhere Downloadraten erzielen als Apps, die nur auf statische Screenshots setzen. Ein zweiter Store, der das inzwischen unterstützt, ist übrigens der Amazon App Store. Apple und Microsoft haben diese Möglichkeit noch nicht im Angebot. Apple zieht, wie man munkelt, relativ schnell nach. Es gab bislang eine Ausnahme für die App Clumsy Ninja von Naturalmotion, die Ende vergangenen Jahres exklusiv einmal ein Video einbinden durften.

Gibt es weitere Unterschiede?

Die Indizierung der Beschreibungstexte ist ein weiterer Unterschied. Bei Apple greift der Algorithmus nicht auf den Beschreibungstext zu. Ich könnte also in meine Beschreibung >>IntMag<< schreiben und jemand, der im App Store nach dem IntMag sucht, würde es nicht finden.

Im Google Play Store ist das anders: Da ist es wichtig, eine bestimmte Anzahl an Schlagwörtern zu verarbeiten, die sogenannte Keyword Density, die man auch aus dem SEO-Bereich kennt. Hier ist es wichtig, dass ein bestimmtes Keyword mindestens fünf Mal innerhalb der Metadaten vorkommt, darunter auch im Beschreibungstext. Bei Apple habe ich da deutlich weniger Möglichkeiten. Ansonsten sind die Stores sehr vergleichbar.

Kann der Nutzer sichtbar erkennen, wie optimiert eine App ist?

Eigentlich nicht. Nur dann, wenn ihm augenscheinlich etwas versprochen wird, was die App dann nicht halten kann. Das würde dem Entwickler aber dann wieder auf die Füße fallen. Wenn eine Casino-App zum Beispiel mit hochauflösenden Bildern und tollen Beschreibungen angeboten wird, aber aussieht, als sei sie von einem Grundschüler gemalt worden, hat man vielleicht viele Downloads, aber anschließend kaum Nutzungsrate. Auch das wird vom Algorithmus erfasst: Wie oft und wie intensiv wird die App genutzt? Eine geringe Nutzung der App wird dann beim Ranking abgestraft. Zudem dürfte es dadurch relativ schnell negative Bewertungen hageln - dabei ist ein Parameter im Ranking eben eine große Anzahl an positiven Bewertungen.

Vieles von der App Store Optimization klingt so ein bisschen wie die gute alte Suchmaschinenoptimierung, SEO also. Jetzt, wo sich alles so aufs Mobile verlagert: Ist ASO die logische Weite entwicklung von SEO?

Ja, würde man meinen. Ich habe dazu aber eine gespaltene Meinung: Auf der einen Seite ist es wichtig, aus den genannten Gründen eine App gut aufzusetzen. Es ist aber nichts, was ich - wie die SEO - täglich kontrollieren und optimieren muss oder könnte. Die Änderung der Metadaten, über die wir eben gesprochen haben, ist zum Beispiel bei Apple immer nur dann möglich, wenn ich auch ein Update der App nachziehe. Ich kann also nicht im Stundenrhythmus die Keywords austauschen. Das würde auch nichts bringen.

... weil der Algorithmus das nicht vorsieht.

SB Es fehlt dazu einfach die Transparenz. Die Hebelwirkung des Algorithmus setzt sich aus mehreren - teils unbekannten - Faktoren auseinander. Solange es also keine Transparenz gibt, wonach Leute in den Stores suchen, wird sich dieses Feld immer in einem Graubereich bewegen.

Es gibt viele Anbieter von ASO-Analysen, etwa MobileDevHQ. Die haben ebenfalls keine genauen Daten der Stores. Wie verlässlich sind diese Anbieter dann? Und: Sollte man als Entwickler auf diese teils kostenpflichtigen Tools setzen?

Letztlich verkaufen diese Anbieter Einblicke und bieten Interpretationen von Daten, die sie gar nicht haben können. Da gibt es etliche schwarze Schafe, die meinen, auf dieser Hype-Welle gerade ein bisschen mitsurfen zu müssen.

Woher genau haben die Anbieter die Daten, wenn nicht von Apple oder Google?

Was sie bieten, ist eigentlich nur eine schöne Visualisierung meiner Rankingposition. Die kann ich mir aber auch selber zusammenstellen, wenn ich Excel-affin bin. Also: Wo ranke ich zum Bei- spiel auf das Keyword >>Sport<< in einem bestimmten Land? Das machen die Anbieter sehr gut und hilfreich. Wenn es aber darum geht, mir Keywords vorzuschlagen, die besonders häufig gesucht werden, dann können sie das schlichtweg nicht wissen. Was sie machen: Sie benchmarken Suchtraffic aus dem Web und abstrahieren daraus mit ein bisschen Glaskugel-Zauberei-Gedöns ähnliches Suchverhalten in den App Stores.

Was aber nicht funktioniert.

Ja, das ist schlichtweg Augenwischerei.

Sie haben eben von einer Hype-Welle gesprochen, auf der diese Anbieter schwimmen.

Letztlich haben diese Tools und auch die Finanzierung, die die Startups dahinter fahren - manche sind sogar One-Man-Shows - nur eins im Blick: Die großen Analytics-Anbieter werden irgendwann mal überlegen, ob es nicht Sinn macht, wo doch alle Kunden jetzt mobile gehen, auch so ein Feature anzubieten. Aktuell versuchen alle, auf dem Markt, den es derzeit eben gibt, ihre Bereiche abzustecken. Der eine nimmt den Mund dabei etwas voller, andere sind eher ruhiger.

Dann zum Abschluss noch mal zurück zur eigenen App Store Optimization: Was würden Sie als Experte denn jungen Entwicklern ohne große Budgets raten

Am besten mit anderen Entwicklern sprechen. Die Mobile-Developer-Szene ist sehr offen und herzlich, so mein Eindruck, gerade im Indie-Bereich. Da kann man dann mit vielen zum Beispiel Daten und Fakten austauschen und fragen, welche Erfahrungen gemacht wurden. Es gibt zudem ein paar gute Konferenzen, wo man auch auf solche Leute trifft, die auch mal einen Vortrag halten und echte Best-Practice-Beispiele nennen. Es reicht aber eigentlich auch gesunder Menschenverstand und ein Blick dafür, was generell im Marketing gut ankommt. Was suchen die Menschen, wenn sie ein Problem haben, für das meine App eine Lösung anbietet? Worunter will ich also gefunden werden? Das ist so der rote Faden, der sich durchziehen sollte.

Steckt ASO generell noch in den Kinderschuhen oder ist es schon ein großes Thema?

ASO ist nah dran an SEO, aber deutlich eingeschränkter, nicht so professionell und mit weniger Einblicken in >>harte Daten und Fakten<<. Zudem ist es noch ein sehr junges Thema, das darf man auch nicht vergessen.