Vodafone Giga TV im Test
Kabelfernsehen mit persönlichen Online-Empfehlungen, 4K-Videothek und App-Erweiterung verspricht Vodafone mit dem neuen Giga TV. Und das soll erst der Start des Zusammenwachsens von Netzwerk-, Online- und Kabel-TV sein. Hier unser Test.

Der Telekommunikationskonzern Vodafone übernahm Anfang 2015 Kabel Deutschland und besetzte damit einen großen Teil der deutschen TV-Infrastruktur. Vodafone selbst ist auch als IPTV-Anbieter aktiv. Bisher liefen diese Medienangebote aber eher nebeneinander her und zählten auch nicht unbedingt zu d...
Der Telekommunikationskonzern Vodafone übernahm Anfang 2015 Kabel Deutschland und besetzte damit einen großen Teil der deutschen TV-Infrastruktur. Vodafone selbst ist auch als IPTV-Anbieter aktiv. Bisher liefen diese Medienangebote aber eher nebeneinander her und zählten auch nicht unbedingt zu den innovativsten Offerten auf dem Markt.
Das ist Schnee von gestern. Jetzt integriert der Universal-Medienanbieter das Fernsehen in seine Giga-Markenstrategie. Giga steht bei Vodafone derzeit für jegliche Inovation, für flächendeckende High-Speed-Mobilnetze und rasend schnelles Internet zu Hause. Videoinhalte, Games oder auch Virtual-Reality-Anwendungen sollen sich so überall nutzen lassen, unabhängig vom Übertragungsmedium oder Endgerät.
Giga — jetzt auch per TV
So heißt auch das neue Kabel-TV-Angebot von Vodafone Kabel Deutschland Giga TV. Das Codewort steht auch hier für eine TV-Revolution. Vodafone verspricht die Verschmelzung von klassischen Kabel-TV-Funktionen mit dem Gigabit-schnellen Internet. Das klassische Fernsehen wird bei Giga-TV zwar weiterhin digital übers Breitbandkabel ausgestrahlt und bei Bedarf auf der Festplatte der zugehörigen Empfangsbox gespeichert. Darüber hinaus soll das lineare Fernsehen aber gekonnt mit zeitversetzten Extras wie Mediatheken, der Vodafone-Onlinevideothek, Pay-TV, Fernsehen über die zugehörige Gigs-TV-App und weiteren Extras verschmelzen. In einem ersten Praxistest darf sich das neue Fernsehen jetzt bewähren.

Kabelanschluss mit Extras
Im Vergleich zu mobilen Datennetzen der fünften Generation und Menschen, die in der Giga-Werbung von Vodafone mit Düsen angetrieben durch futuristische Szenerien fliegen, ist die Story hinter Giga TV recht simpel: Es geht um Kabel-TV mit Online-Extras. Vodafone-Sprecher Torsten Höpken kündigte zwar gegenüber video an, dass man die Marke in naher Zukunft weiter ausbauen und dabei auch die Übertragungswege Kabel und IPTV näher zusammenbringen möchte, doch bisher ist Giga TV in erster Linie ein Kabelangebot und so auch nur für Kunden im Netz von Vodafone Kabel Deutschland zu haben.
Wie andere Kabel-TV-Pakete umfasst Giga TV den Empfang von Free-TV-Sendern sowie Premium-Inhalten in verschiedenen Paketen. Der Empfang erfolgt über die GigaTV 4K Box, deren Miete im Paketpreis von knapp 15 Euro pro Monat für die Free-TV-Variante und 20 Euro für Giga TV mit einer Reihe Premiumsender inbegriffen ist. Der Kabelreceiver hat es in sich: Er ist, wie der Name schon sagt, UHD-fähig, hat einen Netzwerkanschluss und bietet auf seiner Terabyte-Festplatte viel Aufnahmespeicher.
Neu ist auch, dass die jeweils gebuchten Sender für Giga-TV-Kunden nicht nur via Kabel zu sehen sind, sondern auch per App auf Tablets oder Smartphones. Übrigens: Wer Giga TV testen möchte, aber nicht im Gebiet von Vodafone Kabel Deutschland lebt, der kann es auch direkt auf Tablets und Smartphones nutzen. Das App-Fernsehen bietet Vodafone einzeln für monatlich knapp 10 Euro an, bei einer Laufzeit von einem Jahr.
Die gebuchten Senderpakete werden am TV und in der App auf einer weitgehend gleich aussehenden Menüoberfläche zusammen mit einem umfangreichen Online-Programmguide dargestellt. Der katalogisiert die TV-Inhalte nach unterschiedlichen Kriterien. Die einfachste Darstellung ist eine Navigationsleiste mit allen Sendern unter- und den Sendungen des gerade gewählten Kanals nebeneinander in zeitlicher Reihenfolge.

Während eine Sendung läuft, sucht der EPG unermüdlich weiter: In einer Menüleiste unten auf dem TV- oder Tablet-Bildschirm werden per Knopfdruck Sendungen anderer Kanäle, Inhalte in Mediatheken und Filme aus Onlinevideotheken eingeblendet, die ebenfalls interesssant sein könnten. Auch dieses Menü ist auf dem TV, auf Tablets und Smartphones ähnlich aufgebaut und zeigt meist die gleichen Inhalte.
Persönliche Tipps
Die Empfehlungen speisen sich aus einem Such-Algorithmus im Hintergrund, der die Seh-Gewohnheiten des Nutzers berücksichtigt. Das digitale Gehirn dazu stammt vom Netzwerk-Spezialisten Cisco und dessen Infinite Video Platform. Die übergreifende Suche nach Inhalten und deren Darstellung auf den unterschiedlichen Geräten ist denn auch eine der Kernfunk-tionen von Vodafone Giga TV.
Eine weitere ist die Möglichkeit, die Aufnahmefunktion des Receivers nicht nur vor Ort, sondern auch über die Giga-TV-App übers Internet anzusteuern. Hat der Kunde seinen Giga-TV-Zugang in der Set-Top-Box und in der App eingerichtet, dann schickt der zugehörige Vodafone-Onlinedienst Aufnahmeprogrammierungen vom Mobilgerät zum Timer der TV-Box. Man kann so also auf dem Tablet im TV-Programmguide stöbern, gewünschte Sendungen zur Aufnahme programmieren und später die Aufnahmen am Fernsehgerät anschauen.
Eine weitergehende Zusammenarbeit zwischen App und TV-Box ist allerdings bislang nicht vorgesehen. Das Tablet oder Smartphone dient nicht als Fernbedienung, die im Alltagsbetrieb Sender auf dem TV-Gerät umschaltet – wie das etwa das Streaming-TV-Angbeot Waipu.tv macht (siehe Seite 12). Und man kann Aufnahmen von der Box nicht übers lokale WLAN auf die App streamen, wie das vernetzte Digitalrecorder von Kathrein, Panasonic oder Technisat erlauben.
Dafür lassen sich Inhalte auf Abruf über Geräte hinweg gemeinsam nutzen: Giga TV bietet eine Reihe Mediatheken, eine eigene Online-Videothek mit Filmen zum Einzelabruf sowie Zugang zur Abo-Videothek Maxdome. Letztere kostet für Giga-TV-Kunden zwei Euro weniger als bei Maxdome (5,99 statt 7,99 Euro) und ist dann in die übergreifende Suche nach Inhalten im Giga TV-Programmguide integriert – am TV ebenso wie per App.

Der Praxiseindruck
Man merkt: Giga TV bietet ein umfangreiches Funktionspaket, das die Grenzen zwischen Kabelfernsehen und mobilem Gucken aufweicht. Es vereint Anwendungen, die es bisherher auch schon gibt, für die aber verschiedene Apps und Geräte notwendig sind. Welche der wichtigen Medienangebote Giga TV umfasst, welche Geräte oder Apps sich damit einsparen lassen und wie sich das Angebot gegenüber der Konkurrenz in Kabel und IPTV-Netzen aufstellt, versuchten die Video-Tester in einem ersten Praxischeck zu ermitteln.
Mediatheken — ja, aber...
Eine Stärke von Giga TV ist zweifellos die Suche nach Inhalten über alle verfügbaren TV-, Mediatheken- und Videothekendienste, die mit Giga TV verbunden sind. Die Sucheingabe Tatort wirft also alles aus, was Giga TV an Inhalten der erfolgreichen Krimireihe erfasst. Der Tatort wird bekanntermaßen neben den zahlreichen Ausstrahlungsterminen, die die Giga TV App zuverlässig findet, auch in den Mediatheken der ARD gelistet. Die kennt das Vodafone-Angebot leider nicht, ebenso wenig wie die Mediathek des ZDF und dessen angeschlossner Spartensender. Die öffentlich rechtlichen Sener hüten ihre Inhalte in aller Regel in eigenen Apps und Webangeboten. Das hat Giga TV übrigens mit anderen Kabel-Angeboten gemeinsam.
Dafür bietet Giga TV einige Mediatheken privater Sender wie etwa aus den Kanälen der Mediengruppe Pro7Sat1, von Disney Channel oder Red Bull TV. Die kostenlosen Abteilungen dieser Mediatheken sind allerdings häufig eher Werbeträger für das TV-Programm als echte Archive, um vergangene Sendungen im größeren Stil nachzuholen. Das ist nicht die Schuld von Giga TV, schmälert aber den Nutzen spürbar. In der Giga TV App fehlen auch diese Mediatheken derzeit noch zum größten Teil. Hier spielen nur fünf Free-TV-Sender zeitversetzte Inhalte ab: N24, Comedy Central, Nickelodeon, Sport2 und Fashion TV. Wer ein Pay-TV-Paket wie etwa Premium HD gebucht hat, der bekommt über deren Mediatheken zumindest eine ganze Reihe Filme und Serien von Sendern wie AXN, 13th street, TNT Film, Syfy HD und einigen zugehörigen Kindersendern zu sehen.
Immer wieder kam es im Praxistest auch vor, dass einzelne Sender in der App nicht abrufbar waren. So ließ sich etwa MDR Fernsehen im Testzeitraum nicht über die App anschauen, laut der angezeigten Fehlermeldung durfte der Kanal nicht auf mobilen Geräten gezeigt werden. Derselbe Kanal in HD ließ sich dagegen problemlos auf dem Test-iPad aufrufen.
Praktisch ist indes die übergreifende Suche nach Inhalten und Film-Informationen. Die Suche nach „Brad Pitt“ lieferte denn eben nicht nur Programmeinträge der folgenden Tage, sondern auch Filme auf Maxdome mit dem bekannten Schaupieler. Fehler gibt es nur, wenn Filme im Programmguide mit unvollständigen Daten hinterlegt sind. Im Testzeitraum zeigte beispielsweise der Premium-Sender TNT Film den Klassiker „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ – leider ohne Angabe der Schauspieler in den EPG-Daten. Auf der Suche nach „Paul Newman“ tauchte der Titel so nicht im Suchergebnis auf.
Fazit
Giga TV bringt Kabelfernsehen, Mediatheken und Onlinevideotheken näher zusammen. Die Empfehlungsmaschine und das Zusammenspiel zwischen App-TV und Fernseher sind vielversprechend, wenngleich gegenüber der Konkurrenz nicht wirklich revolutionär. Wie in anderen Angeboten fehlen auch bei Giga TV relevante Inhalte – etwa die Mediatheken der öffentlich rechtlichen Sender. Vodafone kann dafür nichts, denn ARD und ZDF hüten ihre Inhalte in eigenen Plattformen. Dabei ist aber durchaus die Frage erlaubt, warum man eben diese Apps nicht in die Box integriert, wie etwa im IPTV-Angebot Telekom Entertain TV. So können wir gespannt sein, wie sich Giga TV weiter entwickelt, denn Raum für Optimierung gibt es durchaus.