Die NFC-Technik erklärt
"Near Field Communication" verwandelt unter anderem Handys in Geldbörsen. Hier erfahren Sie Risiken und Vorteile der Technik.

Wieder einmal ist es Suchmaschinengigant Google, der einer Technologie zum Durchbruch verhelfen könnte. Denn das Bezahlsystem GoogleWallet basiert auf der neuen Funktechnik Near Field Communication (NFC), mit der Geräte auf kurze Entfernung kommunizieren und Zahlungsvorgänge abwickeln können. Da...
Wieder einmal ist es Suchmaschinengigant Google, der einer Technologie zum Durchbruch verhelfen könnte. Denn das Bezahlsystem GoogleWallet basiert auf der neuen Funktechnik Near Field Communication (NFC), mit der Geräte auf kurze Entfernung kommunizieren und Zahlungsvorgänge abwickeln können. Dazu hält der Benutzer einfach sein Smartphone an einen NFC-Scanner.
Statt mühsamer PIN-Eingabe oder Unterschrift kann so ohne weitere Authentifizierung ein Fahrschein gekauft oder an der Supermarktkasse bezahlt werden. Es reicht, das Smartphone mit NFC-Chip im Abstand von bis zu 10 Zentimeter an das Lesegerät zu halten. Lediglich mit einem Knopfdruck bestätigt der Käufer die Zahlung.
Langsame Verbreitung in Deutschland
Neben Google setzen auch viele andere Smartphone-Hersteller, Kreditkartenfirmen und Bezahlsysteme wie PayPal auf NFC. Doch in Deutschland liegt NFC-Payment vorerst noch brach. Das hat mehrere Gründe: Zum einen sind bei Weitem nicht alle Smartphones NFC-fähig - Apples iPhone fehlt selbst in der fünften Generation ein NFC-Chip. Zum anderen ist die Anzahl der Orte, an denen über NFC bezahlt werden kann, noch überschaubar.
Schließlich ist es mit einem Netzbetreiber und einem NFC-Smartphone alleine nicht getan. NFC-Anwendungen benötigen ein eigenes, kleines Universum, das bei Sende- und Empfangsgeräten beginnt und erst bei Services und Kooperationspartnern endet.

NFC-Sticker ersetzt Chip
Alle deutschen Mobilfunkprovider setzen aber schon auf das kontaktlose Bezahlen und kooperieren dazu mit Banken und Kreditkartenunternehmen. Die Telekom etwa will bis Mitte 2013 mithilfe von MyWallet ein NFC-Bezahlsystem anbieten, das weit mehr können soll als nur Kleingeld bereitzuhalten. Zusammen mit Mastercard können dann Rechnungen von bis zu 25 Euro ganz einfach übers Smartphone beglichen werden.
Das Dilemma mit den fehlenden NFC-Chips in den Mobilgeräten lösen die Provider mit einer simplen Brückentechnologie: Den Chip ersetzen NFC-Sticker, die einfach auf die Rückseite des Smartphones geklebt werden, die genau dieselbe Technik verwenden. Am einfachsten haben es Banken und Kreditkartenunternehmen, indem sie kurzerhand Karten mit NFC-Funktion an ihre Kunden ausgeben können.
Derzeit sind Zahlungskarten mit NFC-Chips unter drei Markennamen im Umlauf. Die Deutsche Kreditwirtschaft, zu der die Sparkassen gehören, betreibt die Technologie unter der Bezeichnung "GiroGo" und erlaubt das kontaktlose Bezahlen von Beträgen bis 20 Euro ohne PIN und Unterschrift. VISA und MasterCard führen Karten mit NFC-Chips unter den Marken "payWave" und "payPass". Via PayPass-Terminals an der Ladenkasse und NFC-Sticker kann in weltweit 37 Ländern bezahlt werden.
Einfacher Datenaustausch

Doch NFC ist weit als nur als Zahlungssystem. So kann die Technik für die schnelle Autorisierung oder die Zugriffskontrolle eingesetzt werden, aber ebenso für die unkomplizierte Datenübertragung. Mit NFC können Sie Daten von Digitalkamera, Handy oder einer Settop-Box ohne Anschluss auf den PC überspielen oder aber vom Rechner auf die NFC-Geräte. Telefonnummern, Fotos und MP3-Dateien können zwischen zwei NFC-fähigen Geräten schnell transferiert werden.
Bereits jetzt können NFC-Smartphones mit Android 4.0 oder höher untereinander Daten wie Kontaktinformationen, Bilder oder Musik austauschen. Außerdem wird NFC als ideale Ergänzung für Bluetooth angesehen. Der etablierte Bluetooth-Funk hat eine größere Reichweite und ermöglicht höhere Datenübertragungsraten, doch die Herstellung einer Verbindung ist vergleichsweise umständlich.
Die Nahfeldkommunikation kann nun eingesetzt werden, um eine Bluetooth-Verbindung herzustellen. Die betreffenden Geräte werden einfach kurz aneinander gehalten, per NFC wird die Bluetooth-Verbindung hergestellt, und die Geräte können sofort wieder getrennt werden. Die Erstellung von Verbindungsschlüsseln beim erstmaligen Funkkontakt zweier Bluetooth-Geräte entfällt.
Technik von NFC
Was unterscheidet NFC aber nun von anderen Drahtlostechnologien? Zunächst die Reichweite. Die wichtigste Regel lautet, dass zwei NFC-Endgeräte maximal zehn Zentimeter voneinander entfernt sein dürfen, wenn sie Daten per NFC austauschen sollen. Die physische Nähe soll verhindern, dass ein Zugriff durch nicht genehmigte Nutzer möglich ist. Aufgrund der extrem kurzen Reichweite ist NFC nicht als Konkurrenz zu Bluetooth oder Wireless LAN zu betrachten.
NFC arbeitet zudem per Induktion bei einer Frequenz von 13,56 MHz und bietet eine Datenübertragungsrate von max. 424 kbit/s. Der Strom wird dabei durch ein Magnetfeld erzeugt. Die Datenübertragung ist zwar langsamer als zum Beispiel Bluetooth oder WLAN, dafür ist der Verbindungsaufbau sehr schnell. Die erstmaligeVerbindung zweier NFC-Geräte dauert meist nur eine Zehntelsekunde.
Zum Vergleich: Bluetooth ist mit etwa einer Sekunde deutlich langsamer. Und nicht zu vergessen: Während bei Bluetooth und WLAN die Verbindung zweier Geräte manuell durch den Nutzer herbeigeführt werden muss, erfolgt die Kommunikation bei NFC ohne besondere Einrichtung allein durch die physische Nähe zweier Gegenstellen. Tatsächlich ist NFC damit der bekannten RFID-Technik sehr ähnlich, die zum Beispiel zum Auslesen von Informationen des Reisepasses und auf dem neuen Personalausweis eingesetzt wird.
Im Unterschied zu RFID gibt es bei NFC aber keine klare Rollenverteilung: Prinzipiell kann jedes Gerät sowohl als Sender als auch als Empfänger fungieren, während bei RFID eine Gegenstelle immer "passiv" bleibt.

Fragliche Sicherheit
Erkennt das NFC-Smartphone das elektromagnetische Feld eines Lesers, beginnt die automatische Datenübertragung. Der Chip sendet Daten an das andere Gerät.
Doch genau dieser Automatismus steht in der Kritik. Dass das neue Bezahlen ohne PIN-Eingabe erfolgt, ist nämlich Fluch und Segen zugleich, denn nur ohne die Eingabe von PIN oder TAN ist NFC den anderen Nahfunkstandards voraus. Ohne PIN-Eingabe können aber die Kartennummer und das Ablaufdatum nicht verschlüsselt werden und werden deshalb im Klartext gefunkt.
Aus der Sicht der Anbieter Visa und Mastercard eine gewünschte Funktion und keine Sicherheitslücke. Die offene Speicherung ist jedoch bedenklich, da Dritte die Kreditkartennummer auslesen und für Bestellungen im Internet missbrauchen können.
Allerdings ist mit der geringen Reichweite ein gewisses Maß an Sicherheit bereits in den Standard eingebaut, denn aus der Ferne eine ungebetene Verbindung herzustellen, ist mit NFC nicht möglich. Das relativ schwache Funksignal, das dazu nötig ist, hat zudem den Vorteil, dass es in puncto Energieverbrauch sehr genügsam ist.
Fazit
Beim Thema NFC sind also noch viele Fragen offen - nicht nur bei der Sicherheit. Das von NXP Semiconductors, Sony und Nokia 2004 gegründete NFC-Forum treibt zwar die Standardisierung und Normierung von NFC zwar voran, aber diese ist noch nicht ganz abgeschlossen.
Man sollte deshalb die Entwicklung abwarten, vor allem bei der weiteren Entwicklung der (Sicherheits-)Standards. Aber bei einem der anderen Konkurrenten hat es ja auch lange gedauert: Bluetooth war schon totgesagt - und wurde Jahre später doch noch erfolgreich.