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Das Ende von DRM

Musik DRM-frei

Die Klagen der Musikindustrie über schwindende Umsätze reißen nicht ab. Neue Ideen müssen auf den Tisch und diese verheißen das Ende des Kopierschutzes.

Autoren: Redaktion pcmagazin und Margrit Lingner • 3.4.2008 • ca. 5:45 Min

Das Ende von DRM
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Inhalt
  1. Musik DRM-frei
  2. Teil 2: Musik DRM-frei

Eine Revolution erschüttere die Musikindustrie, stellt John Kennedy, der Vorsitzende des Internationalen Verbandes der Musikindustrie (IFPI), in seinem Vorwort zum Jahresbericht 2008 fest. Die Revolution kündigte sich noch im Januar an: Der Download-Dienst Qtrax will über 25 Millionen kopier...

Eine Revolution erschüttere die Musikindustrie, stellt John Kennedy, der Vorsitzende des Internationalen Verbandes der Musikindustrie (IFPI), in seinem Vorwort zum Jahresbericht 2008 fest.

Die Revolution kündigte sich noch im Januar an: Der Download-Dienst Qtrax will über 25 Millionen kopierschutzfreie MP3s zum freien Download anbieten. Doch schon kurz nach Bekanntgabe dieses Vorhabens brach die Webseite von Qtrax zusammen. Von den unzähligen freien MP3-Hits keine Spur. Der Download starte später, verheißt eine Meldung im Programm, wenn jemand versucht, einen Titel herunterzuladen.

Die Musikindustrie müsse sich, so Kennedy, an die dramatisch veränderte Marktsituation anpassen, die unter anderem durch den kommerzialisierten Musik-Download entstanden ist. Nur so sei ein Weg aus der Krise zu bewältigen, führt Kennedy weiter aus.

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Wenig komfortabel ist der MP3-Download bei Sony BMG via musicbon.
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Ausnahmsweise stehen also nicht ausschließlich Raubkopierer am Pranger, sondern vielmehr das gewandelte Konsumverhalten. Das Ende von DRM der Musikfans. Während nämlich der Umsatz mit Tonträgern zwischen 1995 und 2005 in Deutschland um 35 Prozent zurückgegangen ist, steigt der Umsatz auf dem digitalen Musikmarkt. Weltweit setzten Plattenfirmen 2007 immerhin 2,9 Milliarden Dollar über Online- Musikshops um. Das entspricht einem Zuwachs von 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dabei ist Deutschland im europäischen Download-Markt die Nummer 2 und sorgt dafür, dass die Kasse klingelt und die Umsätze bei Musik-Downloads um 38 Prozent gestiegen sind. So triumphal sich diese Zahlen auch anhören mögen, zeigt ein Blick auf die Gesamtumsätze der Plattenlabel, dass der Online-Musikmarkt lediglich 5 Prozent ausmacht.

Dass sich dieser Anteil durchaus steigern ließe, zeigen unter anderem die Verkaufszahlen von portablen Musik-Playern. Musikhandys, MP3-Player oder Kultobjekte wie iPod und iPhone sollen der Not leidenden Musikindustrie den Weg aus der Krise weisen. Das gelingt aber nur, wenn sich die großen Plattenlabel und die Online-Musikshops auf einen Standard einigen, der möglichst Plattform übergreifend und frei von einschränkenden Nutzerrechten ist.

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Günstige MP3s mit Werbeeinblendung gibt es unter anderem bei We7.
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Kopierschutz - auch Digital Rights Management (DRM, Digitale Rechteverwaltung) genannt - war lange Jahre das Zauberwort. Urheberrechtlich geschützte, digitale Medien können dank DRM nicht beliebig vervielfältigt werden. Neben Audio-CDs wurden Film-DVDs oder Songs aus Online- Shops, wie Musicload oder iTunes, mit einem Kopierschutz versehen. Und schon immer sorgte er für Ärger. Weil ältere CDSpieler mit den neuen Technik-Knebeln nichts anfangen können, laufen kopiergeschützte Musik-CDs nicht. Und die Musikläden im Internet packen den Kopierschutz in unterschiedliche Dateiformate. Bei iTunes erwirbt der Musikfan AAC-Dateien, die sich nur fünf Mal kopieren lassen. Andere Online-Musikshops handeln mit Songs im WMA-Format.

Unglücklicherweise können aber nicht alle tragbaren Musik-Player alle Arten von kopiergeschützten Dateien abspielen. Während ein iPod mit WMA gänzlich überfordert ist, gibt es etliche MP3- Player, die keine AAC-Songs spielen. Legal erworbene Musik lässt sich also nicht auf jedem beliebigen Gerät abspielen.

MP3s und Urheberschutz: Das ist erlaubt

Die großen Plattenlabel bieten MP3s zum Download im Internet an, was aber noch lange nicht heißt, dass MP3s hemmungslos getauscht oder gar verkauft werden dürfen. Vervielfältigungen zum privaten Gebrauch sind allerdings nach wie vor erlaubt. So ist es also möglich, MP3-Dateien auf dem PC zu sichern, eine Kopie auf dem MP3-Player oder dem Handy mitzuführen oder eine CD mit den Lieblingssongs zu brennen. Auch Geschenke an Freunde sind erlaubt. Erlaubt ist das allerdings nur, wenn die Songs nicht kopiergeschützt sind. Das Knacken eines Kopierschutzes ist auch für private Zwecke verboten.

Internetradio

Wer seine Lieblingssongs via Webradio mitschneidet, macht sich keiner Straftat schuldig. Das Mithören von Radiosendungen ist erlaubt und genauso wie sich jede terrestrische Radiosendung aufzeichnen lässt, ist es nicht verboten, Internetradiobeiträge mitzuschneiden. Der Mitschnitt von Radiosendungen zur privaten Nutzung ist als eine Form der Privatkopie erlaubt (§53 UrhG). Und kostenlos ist über Internetradio aufgezeichnete Musik auch nicht. Schließlich entrichtet jeder Musikfan beim Kauf von CDoder DVD-Rohlingen, von Brennern und Playern Abgaben für die Musikindustrie.

DRM-freie Zonen

Nach jahrelangem Gerangel um zuverlässigen Kopierschutz und der konsequenten Jagd nach illegalem Tauschhandel, der trotz DRM im Netz blühte, macht die Musikindustrie also Kopierschutzmaßnahmen als Verkaufsbremse aus.

Bereits Anfang 2007 belegte eine Studie des Marktforschers Jupiter Research, dass über die Hälfte der Musikmanager (62 %) der Meinung waren, dass der Verzicht auf DRM positiv auf den Verkauf digitaler Musik auswirken würde. Schließlich können Kunden beliebige Player kaufen, ohne Angst haben zu müssen, dass sie sich für das falsche Format entschieden haben.

Als Konsequenz dieses Umdenkens startet der Musikriese EMI im Sommer 2007 den Verkauf DRM-freier Musik im Internet. Im hauseigenen Online-Musikladen oder bei Apples iTunes gibt es fortan Top-Hits ohne Kopierschutz als MP3-Datei. Etwas tiefer muss der Kunde dafür zwar in die Tasche greifen - bei EMI kosten MP3s satte 1,69 Euro, während es die Titel bei Amazon in den USA schon für knapp einen Dollar gibt. Dafür laufen die legal erworbenen MP3s auf jedem Abspielgerät oder auf jedem PC.

Inzwischen bieten die vier Major Label - EMI, Universal, Warner und Sony BMG - DRM-freie Songs im Netz an. Während drei dieser großen Vier ihre Titel einfach in Online- Shops zum Kauf anbieten, hat sich Sony BMG für ein ganz besonderes Verkaufsmodell entschieden: "musicbon". Der Kunde kauft bei Saturn eine Art Prepaid-Karte. Darauf befindet sich ein Freischaltcode, mit dem er im Online-Laden www.musicbon.de einkaufen gehen kann. Gleichwohl dieser Einkauf für Musikfans alles andere als komfortabel ist, schafft es der Musikgigant, die Vorzüge dieses Modells zu preisen. Der Nutzer kann nach dem Login seine gekaufte Musik jederzeit via Internet hören. Supermehrwert, der allerdings den Nachteil - den Marsch zum nächsten Saturn-Markt - nicht aufwiegt. Dass es auch mit dem Kauf von DRM-freier Musik auch einfacher geht, haben iTunes und Amazon (USA) gezeigt.

Online-Shops

Dort warten immerhin 3,3 Millionen MP3- Songs von über 270.000 Künstler darauf, per Mausklick heruntergeladen und frei auf jedem erdenklichen Player gespielt zu werden. Amazon will in diesem Jahr DRM-freie Musik weltweit anbieten. So sollen sich auch deutsche Musikfans MP3s bei Amazon herunterladen können. Dabei haben die großen Vier sowie 33.000 unabhängige Plattenlabel ihre Kooperationsbereitschaft signalisiert.

Das Ende von DRM
In diesem Jahr will Amazon weltweit DRM-freie Musik anbieten.
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Alle wollen an dem neuen MP3-Hype verdienen und so brüten die Musikgiganten neue Wege aus, um an die Kunden zu gelangen. Nicht nur der Einkauf in virtuellen Plattenläden soll angekurbelt, sondern auch neue Verkäuferschichten akquiriert werden. So hat etwa Nokia mit Universal einen interessanten Deal ausgehandelt. Wer ein Musik-Handy des finnischen Herstellers kauft, erhält 12 Monate lang kostenlos Zugriff auf den gesamten Musikkatalog von Universal. Und dieses Plattenlabel hat unter anderem Künstler wie Amy Winehouse, Rihanna oder Jack Johnson unter Vertrag.

Doch trotz dieser Bemühungen der großen Label, MP3s legal im Internet anzubieten, sorgte Qtrax für eine Überraschung. Zwar passte die Meldung, 25 Millionen MP3s legal im Netz zum Download anzubieten, zum verzweifelten Versuch der Mediengiganten, mit Downloads künftig mehr zu verdienen. Überrascht hat Qtrax allerdings mit der Idee, die Titel gänzlich kostenlos zur Verfügung zu stellen. Dabei sollten nicht nur Titel unbekannter Künstler angeboten werden, sondern vielmehr die großen internationalen Hits. Bezahlen sollen bei Qtrax nicht die Kunden. Finanziert werden sollten die Downloads über Werbung. Je häufiger ein Titel heruntergeladen wird, desto mehr Geld erhält der Künstler.

Doch schon kurz nach Verkünden der nicht mehr ganz neuen Geschäftsidee - ähnliche werbefinanzierte Musik-Portal gibt es bereits - winkten alle Major Label heftigst ab. Verträge mit dem neuen Download-Dienst gebe es keine, die Verhandlungen stünden keineswegs kurz vor Abschluss. Seither ist es still geworden um Qtrax. Durchschlagenden Erfolg haben werbefinanzierte Seiten wie Spiral Frog () oder We7 () auch nicht. Verständlich ist dies durchaus, schließlich ist es nicht jedermanns Sache, vor dem Musikgenuss eine kurze Werbeeinblendung hören zu müssen.

Song kaufen. Bei We7, dem Musik- Dienst der Rocklegende Peter Gabriel etwa, kosten MP3s ohne Werbung 0,99 Pfund. Uninteressant ist der Musikshop sicher nicht, schließlich werden dort auch unbekannte Künstler präsentiert und gefördert. Und stolz meldet der Betreiber, immerhin 100.000 Nutzer zu haben und auf 2 Millionen Downloads zu blicken.