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Opel

Werbung, die anspricht

Werbung auf dem Handy ist der Heilige Gral des digitalen Marketing. Vielleicht hat ein schwedisches Startup eine Lösung, die Mobile Advertising erfolgreich macht. Der erste Kunde: Opel.

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© Archiv

Spätestens seit Apples Spracherkennungssystem Siri ist es normal, sich mit seinem Smartphone zu unterhalten. Seit heute jedoch spricht in Schweden nicht nur das Handy zu einem, sondern auch die Anzeige auf dem Mobiltelefon - ein Konzept, des US-Unternehmens Nuance und der schwedischen Firma Widespa...

Spätestens seit Apples Spracherkennungssystem Siri ist es normal, sich mit seinem Smartphone zu unterhalten. Seit heute jedoch spricht in Schweden nicht nur das Handy zu einem, sondern auch die Anzeige auf dem Mobiltelefon - ein Konzept, des US-Unternehmens Nuance und der schwedischen Firma Widespace.

Die beiden haben für Opel eine "Voice-Ad" konzipiert, in der Nutzer das Infotainment-System des neuen Opel Insignia austesten können. Dieses ermöglicht die Sprachsteuerung der Musikanlage, des Navigationssystem und der Telefon-Freisprechanlage - diese Funktionen spiegeln sich in der Werbung wider.

Platziert hat Opel die Voice-Ad in den schwedischen Smartphone-Applikationen der Zeitung "Expressen" und des Fernsehprogrammverzeichnisses Tv24. Sie ist de facto die erste Anzeige Ihrer Art in Europa. Die Einführung einer vorherigen Voice-Ad - auch auf diesen beiden Apps - hatten die beiden Unternehmen im August zwar weitflächig angekündigt, wirklich auf den Markt kam die Anwendung jedoch nie. Wegen vertraglicher, und nicht etwa wegen technischer Probleme, sagen die Entwickler.

Widespace verhandelt jedoch laut eigenen Angaben bereits mit potentiellen Kunden in den sieben anderen europäischen Ländern, in denen das Unternehmen vertreten ist. Dazu gehörten neben Deutschland Norwegen, Finnland, Dänemark, die Niederlande, Großbritannien und Frankreich. In all diesen Sprachen würden die Voice-Ads künftig verfügbar sein, so Widespace.

In den USA hat Partnerunternehmen Nuance vor etwa einem Monat eine erste Voice-Ad für die Fluggesellschaft JetBlue auf den Markt gebracht. Die ist in eine Marketingkampagne mit Tauben eingebunden.

Der Nutzen der dazugehörigen sprechenden Anzeige ist jedoch eher fraglich: Man lernt in mehreren Schritten die "Taubensprache" und wird - bei erfolgreicher Aussprache - zum Taubenmeister ernannt.

Das Konzept der Voice-Ads sei in jedem Fall zukunftsfähig, meint Reimund Schmald, Mobilmarketing-Manager für Europa, den Mittleren Osten und Afrika bei Nuance: "Der Mikrofonknopf wird immer gegenwärtiger - ob nun im mobilen Bereich, bei Fernsehern oder auch bei Autos". So wüchsen die Nutzerzahlen der Sprachanwendungen in den verschiedenen Bereichen des Unternehmens jeden Monat um mehrere Millionen.

Viele Kenner der Mobil- und der Marketing-Branche teilen diese Begeisterung für Voice-Ads zwar. Dennoch sind sie, was deren Potenzial angeht, meist dabei eher skeptisch oder zumindest vorsichtig.

"Audio-Anzeigen könnten ganz sicher funktionieren, und vor allem das spielerische Element ist ein Argument dafür", sagt zum Beispiel der Thomas Koch, der Doyen der deutschen Media-Branche. "Aber ihr Anwendungsbereich wird sich wohl auf die Auto- und Telekombranche und den Handel beschränken. Schließlich müssen sie zum Rest einer Medienkampagne passen und erfordern ein gewisses Budget."

Für Ralf Strauß, Professor für digitales Marketing an der Hamburg School of Business Administration, hängt der Erfolg der Voice-Ads maßgeblich von zwei Faktoren ab. "Es kommt einerseits darauf an, wie gut und flexibel die Spracherkennung ist - zum Beispiel in Bezug auf regionale Dialekte und Akzente. Andererseits muss für eine Massenverbreitung nun sehr schnell ein erfolgreiches Beispiel einer solchen Voice-Ad auf den Markt kommen - sonst werden Unternehmen rasch das Interesse verlieren."

Simon Gincberg, Leiter der Abteilung Business Development bei der digitalen Medienagentur Recordbay in Mönchengladbach, glaubt zwar prinzipiell an ein großes Potenzial der Technologie: "Das ist ein höchstspannendes Gebiet. Unternehmen suchen händeringend nach einer Möglichkeit, auf den relativen kleinen Bildschirmen von Smartphones Werbung zu schalten - Voice-Ads könnten da die Lösung sein!" Außerdem könne man über die aufgezeichneten Antworten lernen, den Kunden besser zu verstehen.

Doch genau dies sei auch das große Problem, vor allem in Deutschland. "Gerade in Zeiten der NSA-Spionage werden Kunden sehr vorsichtig sein mit ihren Daten", warnt Gincberg: "Schließlich wissen wir nicht, was mit diesen Aufzeichnungen passieren wird, und ob sie zum Beispiel zu etwas benutzt werden wie automatischer Stimmenerkennung." Der Schritt zum gläsernen Menschen sei da klein.

Diesen Vorwurf weist Mobilmarketing-Manager Schmald jedoch zurück: "Wir machen gar nichts mit diesen Daten. Das können wir auch nicht - schließlich sind die Stimmen anonym." Außerdem sammelten andere Technologie-Unternehmen wie zum Beispiel Apple weitaus mehr Informationen über die Smartphone-Nutzer. So könne das Unternehmen beispielsweise meist problemlos herausfinden, wo man sich gerade befinde. "Und ich bezweifle, dass irgendjemand sich diese Unmengen an Sprachaufzeichnungen auf unseren Servern extra anhören wird", glaubt Schmald.

Auch für Ryan Matzner, Direktor und Chefstratege des App-Entwicklers Fueled in New York, ist diese Sorge übertrieben: "Smartphone-Benutzer müssen schließlich erst dazu zustimmen, dass die Anzeige auf das integrierte Mikrofon zugreift. Selbst wenn solche Anzeigen zunächst einmal als richtig cool gelten werden, wird dieser Eindruck doch schnell verblassen - denn wer will sich schon auf die Dauer mit seinem Smartphone unterhalten?"

Dass der Überraschungseffekt verblassen könnte, davon will Schmald nichts hören. "Es kommt ganz darauf an, wie kreativ solche Anzeigen sind", sagt er und fügt hinzu, dass zum Beispiel die Stimme eines Filmstars in einer solchen App einen regelrechten WOW-Effekt kreieren könnte. "Dann haben die Menschen tatsächlich das Gefühl, sie sprächen mit Thomas Gottschalk oder George Clooney."

In jedem Fall scheint die Werbebranche fleißig nach neuen Wegen zu suchen - dafür spricht eine andere, neue Art der Anzeigenschaltung, die der Hifi-Hersteller Harman zusammen mit dem Mobil-Technologieunternehmen Placecast in US-Städten austestet. Diese Werbung ermittelt den Standort des Autos über dessen Navigationssystem und schaltet dann zum Beispiel Anzeigen zu Restaurants in der Nähe - und zwar in Harmans an den persönlichen Geschmack anpassbaren Digital-Radiosender Aha. Die Unternehmen setzen die Anzeigen zunächst in verschiedenen Modellen der Marken Ford, Chrysler, Toyota, Honda, Subaru und Porsche ein.

Opel Insignia Voice Ad

Quelle: adsbyWidespace
1:13 min

Autor: Redaktion pcmagazin • 26.11.2013

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